Internatsgeschichte:Ladies auf Spurensuche

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England der 30er-Jahre. In einem Internat für höhere Töchter geschieht ein Mord. Zwei Freundinnen, die eine Krimiagentur gegründet haben, versuchen, ihn auf den Spuren von Sherlock Holmes aufzuklären.

Von Roswitha Budeus-Budde

Es ist Nacht in "Deepdean", dem vornehmen Bildungsinstitut für junge Damen im England der Dreißigerjahre. Zwei von ihnen, Daisy und Hazel, schleichen als Agentinnen des Detektivbüros Wells & Wong durch die Gänge. Aber aus dem Spaß, die kleinen Geheimnisse der Mitschülerinnen zu entdecken, wurde tödlicher Ernst, als Hazel die Leiche von Miss Bell, dem Fräulein für Naturkunde unter der Empore der Turnhalle findet. Mord, Selbstmord, Unfall? Fasziniert von den Romanen des berühmten Kriminalautors Arthur Conan Doyle, stürzt sich Daisy unternehmungslustig und selbstsicher - schließlich ist sie die Tochter eines Lords - auf den Spuren von Sherlock Holmes in die Recherche; für sie die Möglichkeit, dem langweiligen Internatsleben zu entkommen. Die vorsichtige Hazel dagegen wird von ihr dazu überredet, die Rolle des Watson zu übernehmen und alles aufzuschreiben. Ein Glücksfall für die Leserinnen, die nun unter dem Titel " Mord ist nichts für junge Damen" das Protokoll über diesen spektakulären Fall in der Hand haben.

Ein spannender Mix aus Internatsgeschichte und englischem Krimi

Mit dem ersten Band der Mädchenbuchreihe "Ein Fall für Wells & Wong" gelingt der Autorin Robin Stevens ein ungewöhnlich unterhaltsamer Mix aus Internatsgeschichte mit historisch englischem Flair und klassisch erzähltem Krimi. Dass der Inspektor, der am Schluss Schlimmes für die Mädchen verhindert, den Namen Priestley trägt, scheint kein Zufall zu sein. Die ernsthafte Wende bei der Aufklärung des Falls erinnert an John Boynton Priestleys berühmten Sozialkrimi "Ein Inspektor kommt".

Kapitel für Kapitel wird nun von Hazel knapp dokumentiert, wie raffiniert Daisy mit ihren Recherchen die Erwachsenen austrickst und die Regeln des Internatsalltags unterläuft. Sie selbst - vor einem Jahr von ihrem chinesischen Vater aus Hongkong in diese Schule geschickt - fühlt sich oft schlecht behandelt: "Es ist schwierig, eine beste Freundin zu haben, vor allem wenn besagte Freundin Daisy Wells ist. Sie kann einfach nicht unrecht haben. Es ist zum Davonlaufen." Doch dann erinnert sie sich daran, dass sie bei Daisy die Überlebenstechniken für die Schule gelernt hat.

Wie im klassischen Krimi steigert sich allmählich das Erzähltempo, Beweise verschwinden, jede Lehrerin scheint etwas zu verbergen oder verhält sich verdächtig, besonders als der neue Musiklehrer, schön wie ein Filmstar, auftaucht und Liebeshändel beginnt. Nur die Leiterin Miss Griffin scheint über jeden Verdacht erhaben zu sein. "Tag für Tag gleitet sie in vernünftigen Schuhen durch die Korridore, mit ordentlich zurückgestecktem grauen Haar und makellosem handgewebten Tweed-Rock."

Zum Finale versammelt sich die Runde der Verdächtigen, konfrontiert mit den Rechercheergebnissen der Mädchen. Doch auch wenn am Schluss Lehrerinnenmangel an der Schule herrscht, weitere Fälle warten auf die Detektei Wells & Wong: In England ist die Serie so erfolgreich, dass bereits fünf Bände erschienen sind. (ab 12 Jahre)

Robin Stevens : Mord ist nichts für junge Damen. (Ein Fall für Wells & Wong). Aus dem Englischen von Nadine Mannchen. Knesebeck Verlag, München 2016. 287 Seiten, 14,95 Euro.

© SZ vom 17.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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