Im TV: "Wo warst du, als...":Bilder, die keiner vergisst

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Ein bisschen zu simpel gestrickt: Eine ARD-Reihe fragt Menschen, wo sie gerade waren, als die Welt erschüttert wurde, und kommt dabei dem Boulevard gefährlich nahe.

Hans Hoff

Fast jeder weiß, was er getan hat, als in New York die Türme fielen. Viele können sich noch genau erinnern, wo sie waren, als die Mauer fiel, als sich die Weltgeschichte mit ihrer persönlichen verknüpfte, als alltägliche Momente plötzlich mit Bedeutung gefüllt wurden. Insofern erscheint es fast zwingend, die Frage "Wo warst du, als..." zum Grundthema einer Reihe zu machen, zu erforschen, was die Ereignisse in Menschen ausgelöst haben. Der Düsseldorfer Fernsehreporter Christian Dassel hat sich dieser Aufgabe verschrieben und drei Doku-Folgen entworfen, die einerseits nach Fortsetzung schreien, andererseits aber durchaus zwiespältige Momente zu bieten haben.

"Wo warst du als ..." Mit dem Einsturz des Word Trade Centers beginnt die ARD-Reihe. (Foto: Foto: dpa)

Mit dem 11. September 2001 startet Dassel am Sonntag seine Reihe, die mit dem deutschen Mauerfall (15.2.) und dem Tsunami 2004 im Indischen Ozean (22.2.) fortgesetzt wird. Immer steht am Anfang die Frage: "Wo warst du, als...", und es folgen die bekannten Archivaufnahmen, die sehr dominant neben etlichen Interviews stehen. Die Titelfrage wird dem Betrachter förmlich eingebrannt, sie beherrscht den Bildschirm, der sich häufig teilt und Geschehnisse kombiniert. Dassel beherrscht die moderne Bildsprache auch deshalb, weil sein Bruder Markus die Kamera führt. Gemeinsam stehen beide für mutige Ausnahmereportagen in der ansonsten eher biederen NRW-Regionalsendung "Aktuelle Stunde". Die Dassels trauen sich was. Dafür kennt und schätzt man sie.

Leider haben sie sich nun ein wenig verrannt. Ausgerechnet jetzt, wo sie den Sprung aus dem Dritten ins Erste schaffen, zeigen sie Schwächen, die ihr honoriges Anliegen diskreditieren. Dreimal zeigen sie für eine halbe Stunde Menschen, die von den Ereignissen betroffen waren. Es sind Menschen, die Angehörige verloren, deren Leben sich durch die Geschehnisse völlig geändert hat. Dabei gehen sie bisweilen zu nah heran. Besonders dann, wenn den Betroffenen die Tränen kommen, bleibt die Kamera so lange dran, dass es schon fast an die parasitäre Bildsprache der Boulevardmagazine grenzt. Dazu kommen Off-Kommentare, die etwas zu pathetisch klingen. Das hätte es nicht gebraucht, denn so verschwimmt das, was eigentlich Kraft in sich trägt.

Gelungen ist dagegen ein Fall in der ersten Sendung. Da zeigen die Dassels, wie der Fall der Türme aus einem ehrlichen Mann einen Erpresser machte. Damit erfüllen sie ihre Aufgabe, die oft skurril anmutende Parallelität der Ereignisse aufzuzeigen. Leider bleibt dies der einzige Fall, bei dem es gelungen ist, Entferntes zusammenzuführen. In den anderen zwei Filmen konzentrieren sich die Dassels auf mittelbar Betroffene und stricken ein bisschen zu simpel. Man weiß, dass beide mehr können.

Wo warst du, als..., ARD, Sonntag, 23.30 Uhr.

© SZ vom 07.02.2009/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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