Im Kino: "RocknRolla":Loser-Kino vom Feinsten

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Er ist nicht mehr Madonnas Mann, aber er macht immer noch Filme: Guy Ritchies Gangsterballade "RocknRolla" zollt den Minderwertigkeitsgefühlen Tribut.

Fritz Göttler

Wie ein Märchen aus uralten Zeiten kommt einem dieser Film vor. Aus den Jahren des Mega-Booms, als alles möglich schien, wirtschaftlich, unternehmerisch. Man musste nicht mal Klasse haben, um es zu etwas zu bringen, kam sehr viel weiter, wenn man hübsch medioker war. Und London, ausgerechnet London bildete sich ein, voll mit dabei zu sein, einer der ganz großen Player. Nun sind sie vorbei, diese Potenz- und Popanz-Träume, und wenn Gordon Brown diesen Film anschauen würde, wüsste er, wie es wirklich steht um sein Land - und vielleicht auch ein wenig warum.

Wer vermöbelt hier wen? Mark Strong und Toby Kebbell in RocknRolla. (Foto: Foto: filmverleih)

London, das ist ein terrain vague voller ungemütlich aufgemotzter Kunstgalerien und schmuddeliger Kaschemmen, aus dem absurd und obszön Sir Norman Fosters "Gherkin" herausragt. Immobilienspekulanten und -gangster tummeln sich hier, russische Oligarchen, die im Westen vor allen die verlorene feudale Aura suchen, dazu alle möglichen kleinen Dealer und Betrüger, die sich meistens gewaltig verheben, was ihre Coups angeht, aber auch ihr großmauliges Auftreten. Sprücheklopfer en masse, die im besten Fall naiv sind, im schlimmsten dumm und dreist und anmaßend. One Two nennt sich der eine - Gerard Butler spielt ihn mit voller Inbrunst und so tumb wie er das mit seinem Leonidas tat in "300" -, er legt sich mit dem Big Boss Lenny Cole an, gespielt von Tom Wilkinson, der einen für Baufragen zuständigen Stadtrat schmiert und schikaniert und damit hofft, die Stadt in den Griff zu kriegen.

Zwischendrin steigt er gern hinunter aufs Flussniveau, wo seine Jungs verstockte Feinde gefesselt haben, die Lenny mit Hilfe der gierigen Flusskrebse der Themse zum Sprechen bringen will. Nicht ganz so einfach hat es Lenny mit dem Russen, der Kapital ins gemeinsame Geschäft bringen soll (Karel Roden), und mit seinem Stiefsohn (Toby Kebbell), der ein Rocker ist und seinen eigenen Tod inszeniert, weil sich dann seine Platten sehr viel besser verkaufen müssten. Einen Hauch von Distinguiertheit bringt allenfalls wieder Mark Strong ins Spiel, als Lennys Chefschläger Archy.

Guy Ritchie, Ex-Mann von Madonna - gemeinsam sind sie 2002 kühn mit dem Eskapismus-Vehikel "Swept Away" gekentert - ist der Mann, der die Minderwertigkeitsgefühle im Kino populär gemacht hat. Mit "RocknRolla" schließt er seine Trilogie zum turbulenten Lebensgefühl unserer Dekade ab, die er mit "Snatch" und "Lock, Stock and Two Smoking Barrels" startete. Das ist nicht wirklich menschenfreundlich, aber es ist ziemlich komisch, auch wenn's manchmal sehr weh tut. Loser-Kino vom feinsten. Und Vorurteile sind dazu da, um voll bestätigt zu werden. Fast Immer. Einer der Gangster guckt sich immerhin "Was vom Tage übrigblieb" auf DVD an.

ROCKNROLLA, GB 2008 - Regie, Buch: Guy Ritchie. Kamera: David Higgs. Mit: Gerard Butler, Tom Wilkinson, Thandie Newton, Mark Strong, Idris Elba, Tom Hardy, Toby Kebbell, Jeremy Piven, Jimi Mistry. Warner, 114 Minuten.

© SZ vom 23.3.2009/irup - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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