Im Kino: "Ocean's Thirteen":Code der Coolness

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Nichts fiel Steven Soderbergh so schwer wie die unerträgliche Leichtigkeit der "Ocean"-Filme. Jetzt geht die Reihe in die dritte Runde. Mit unvergleichbarer Coolness machen sich Pitt, Clooney & Co. zum Affen.

Susan Vahabzadeh

Das Ganze ist eine Art Urlaubsfilm, ein paar große Jungs haben ihren Spaß, und die Leidenschaft, mit der sie sich selbst vor der Kamera zum Affen machen, wirkt ansteckend - das ist das Grundprinzip von Steven Soderberghs "Ocean's"-Reihe, und diese Stimmung über drei Filme aufrechtzuerhalten ist für sich genommen schon eine Kunst, der, so Soderbergh, unter anderem ein ehernes Gesetz bei der Besetzung zugrunde liegt: no jerks.

Nun hat sich die Ocean-Bande mit dem einstigen Gegner Andy Garcia verbündet und gemeinsam geht's gegen den neuen Gegner Al Pacino - der spielt den arroganten Schnösel, eine Art Witz-Variante der De Niro-Rolle in "Casino", mit einer solchen Lust, als habe er seit Jahren darauf gewartet, dass auch ihm einer ein Forum bietet, sich endlich gehörig zum Affen zu machen. Ein Wettstreit in Selbstironie, sozusagen, bei dem nebenher noch ein bisschen herumgespielt wird mit allem, was den Buben am Kino und am Fernsehen in den Siebzigern am besten gefallen hat.

Ein wunderschöner Moment der Bosheit

"Ocean's Thirteen" beginnt als Drama, Willie Banks (Pacino) hat Reuben (Elliott Gould) übers Ohr gehauen und ihm dabei seinen Anteil an einem sehr hässlichen neuen Las-Vegas-Casino abgeluchst, was Reuben um Vermögen und Lebenswillen bringt. Um seine Würde wiederherzustellen, trommeln Danny Ocean (George Clooney) und Rusty (Brad Pitt) die Bande zusammen und entwickeln einen Plan, Banks Bank zu sprengen. Wofür man den eigentlichen Gegner außer Gefecht setzen muss, den Supercomputer im Keller des Casinos, die drohende Ausgeburt der totalen Überwachung - er kann Emotionen scannen. Und soll so jeden im Casino auf die Echtheit seiner Reaktion aufs Gewinnen überprüfen, um Alarm zu schlagen, falls falsche Gefühle im Spiel sind.

Ein künstliches Erdbeben soll die Maschine lahmlegen, also untertunnelt die Ocean-Bande Las Vegas. Was allerdings so teuer ist, dass noch einer gebraucht wird, Andy Garcia, der einen wunderschönen Moment kriegt, in dem er aus Bosheit und Arroganz mitmachen darf: Das neue Hotel muss weg. Es wirft einen Schatten auf seinen Pool.

Wer Sinatra die Hand gab

Daraus entspinnt Soderbergh ein Freistil-heist-movie, das so leicht aussieht, als wäre es ihm in den Schoß gefallen. Was aber ganz und gar nicht stimmt - der Fluss der Geschichte, die Struktur aus Rückblenden, ist nicht einfach zufällig, sondern ein streng konzipiertes Geflecht; nichts, sagt Soderbergh, ist ihm so schwergefallen wie die unerträgliche Leichtigkeit der "Ocean"-Filme, dieses unvergleichlich coole Feeling...

Pitt, Clooney und Matt Damon legen im Film eine Kostümierungswut an den Tag, die schon als Fotostrecke zum Totlachen wäre, und wenn sie zusammen auftreten, wirken sie ausgelassen wie beschwipste Teenager, machen sich lustig über Method Acting und die eigene Klatschspaltenpräsenz, einerseits - und werden in der nächsten Sekunde ganz seriös, wenn es um Barack Obama geht oder die Filme anderer Leute, die sie gerade wichtig finden (den tieftraurigen, apokalyptischen "Children of Men" von Alfonso Cuarón). Dieses Hin und Her zwischen sorgloser Ausgelassenheit und einer ernsthaften Konzentration, sobald es um etwas geht, treibt auch "Ocean's Thirteen".

Das coole Feeling hat sich eben, das gehört zum Spaß dazu, verändert mit den Filmen und dem Lauf der Zeit. Es wird einmal der Code der Coolness zitiert - Du darfst niemals, niemals einem Kerl etwas antun, der Sinatra die Hand geschüttelt hat -, aber das wirkt hier längst wie ein Zitat aus einer anderen Zeit. Die Ocean-Bande ist den liebenswerten Rat-Pack-Albernheiten entwachsen, der Plot zieht die Entwicklung seiner Hauptdarsteller nach.

Robin Hood meets Zapata

Der erste "Ocean"-Film kam noch vor dem 11. September - um wie viel sich die Haltung zur Welt von Pitt, Clooney & Co. inzwischen gewandelt hat. Die Filme entwickeln eine eigene Definition von Spaß - ein leichter Film ist von allen Lasten des Lebens befreit, dafür manchmal melancholisch, voller Sehnsucht nach Vergangenheit, sich über die Bitternis der Welt im Klaren. "Ocean's Thirteen" ist nicht aus Versehen ein Leichtgewicht oder süßlich, sondern das Resultat eines akribisch betriebenen Laborversuchs, einem Drehbuch jede Schwere zu nehmen, ohne die Dinge so flach und nichtssagend werden zu lassen, dass das Zuschauen keinen Spaß mehr macht.

Es wird also im Casino jedes Spiel manipuliert sein, und gewinnen werden die ganz normalen Leute, die an den Tischen und Automaten ihre hartverdienten Kröten gesetzt haben - ein bildschöner Plot. Dazu passt die Anekdote über die Würfel-Recherchen fürs Drehbuch. Um die zu manipulieren, stellte sich heraus, muss man nach Mexiko - denn Würfel-Fabrikation ist so giftig, dass die Firmen alle längst dorthin ausgelagert sind.

Was die Ocean's-Crew so widerlich fand, dass im Film nun die ewig zerstrittenen Maloy-Brüder (Casey Affleck und Scott Caan) sich in ein mexikanisches Werk einschleichen, die Würfel manipulieren und noch fix eine Revolution unter den Fabrikarbeitern anzetteln. Robin Hood meets Zapata. Soderberghs Bande nimmt das Kino ganz ernst als Traummaschine - wenn man schon zwei Stunden lang das Bewusstsein verliert, warum soll die Phantasie dann nicht so schön sein, das man gar nicht mehr aufwachen mag?

OCEAN'S THIRTEEN, USA 2007 - Regie: Steven Soderbergh. Buch: Brian Koppelman, David Levien. Kamera: Peter Andrews. Schnitt: Stephen Mirrione. Mit: George Clooney, Brad Pitt, Matt Damon, Al Pacino, Andy Garcia, Ellen Barkin, Don Cheadle, Elliott Gould, Carl Reiner, Vincent Cassel, Julian Sands. Warner, 122 Minuten.

© SZ v. 6.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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