Im Kino: "Groupies Forever":Das Beste zuletzt

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"Die Dinger sind zu groß, oder?" Bange Fragen für Goldie Hawn und Susan Sarandon in "Groupies Forever"

SUSAN VAHABZADEH

Ein Film, der "Groupies forever" heißt, ist vom feministischen Standpunkt aus fast nicht zu retten. Mädels, die vor Bewunderung in die Knie gehen, bloß weil die Jungs eine Gitarre halten können - das ist, als Frauenbild, wahrhaft unterirdisch. Andererseits setzen einem das Kino und das Fernsehen und die Literatur permanent merkwürdige Frauenbilder vor, ohne sich dessen irgendwie bewusst zu werden. Bob Dolman jedenfalls kriegt in seinem Film doch noch die Kurve - es ist eine Hymne an den Trotz, die er da geschrieben und inszeniert hat. Außerdem erzählt er nicht von Mädels, sondern von zwei Frauen, die mal Groupies gewesen sind - die banger sisters nannte man sie in den Siebzigern, den Namen hat ihnen Frank Zappa verpasst. Die eine hortet in der Garage eine Foto-Kollektion von damals: Was wohl aus den realen Vorbildern geworden ist, den plaster casters Cynthia und Diane, die für ihre Gipsabdrücke berühmt wurden?

(Foto: SZ v. 06.02.2003)

Suzette (Goldie Hawn) und Lavinia (Susan Sarandon), die beiden banger sisters, haben sich ihr Leben mit zwei komplett unterschiedlichen Methoden zur Hölle gemacht, die eine mit Entwicklung und die andere mit Stagnation. Suzette arbeitet weiter in dem Nachtclub in Los Angeles, in dessen Hinterzimmer sie so erfolgreich war, bis der Besitzer, der ihr Sohn sein könnte, sie als überholt erklärt - ihre Vergangenheit mit Bands, die keiner mehr kennt, interessiert die Gäste nicht, sie ist das Anhängsel von etwas, das nicht mehr existiert: Sie hat nichts und ist nichts, und für alles, was sie gelernt hat, ist sie zu alt. Sie verliert den Halt, und wiederfinden kann sie ihn, meint sie, höchstens noch bei ihrer alten Kampfgefährtin Lavinia, die sie seit zwanzig Jahren nicht gesehen hat.

Dieses Wiedersehen fällt allerdings frostig aus. Lavinia ist zur angestaubten Vorstadtgattin mutiert, die Vergangenheit ist ihr peinlich. Nützt aber nichts: Suzette rettet Lavinias versoffene Teenager-Tochter vor einer Alkoholvergiftung, und Lavinia bleibt nichts anderes übrig, als das aufgedonnerte Alt-Flittchen doch noch hereinzubitten. Die Gratwanderung zwischen Komödie und Melodram hat der Regiedebütant Dolman, der für Cruise/Kidman das Drehbuch zu "Far and Away" geschrieben hat, nicht durchgehend hinbekommen; was davon jeweils da ist, bringen seine beiden Schauspielerinnen mit, die mit viel Sinn für Klamauk aufbegehren gegen die Urteile, die das Leben über sie gefällt hat. Lavinias trostlose Ehe und Suzettes Beziehung zu einem gescheiterten Schriftsteller, den sie nebenher aufliest (Geoffrey Rush), wirken daneben ein bisschen schwerfällig. Aber wenn Lavinia und Suzette unter schallendem Gelächter versuchen, sich an die Gesichter der Herren zu erinnern, die sie auf den Fotos verewigt haben - dann sind sie an der Macht.

Vor allem Goldie Hawn ist einfach verdammt gut in diesem Film - weil sie aus dem tragischen Clown mit den nuttigen Outfits etwas ganz Rührendes macht. So trotzig wie sie ist nicht mal Susan Sarandon, wenn sie ihrem blässlichen Ehemann endlich die Meinung sagt.Diese Suzette kann eigentlich nur eine Frau so unbefangen spielen, die in den Siebzigern garantiert Besseres zu tun hatte, als mittelprächtig bekannte Jungs anzuhimmeln - die Hawn hatte damals schon einen Oscar.

Die Rolle, die sie hier spielt, ist ein bisschen gefährlich und gerade deswegen so gut: Die Ballons unter ihren Hemdchen sind zwar Teil der Requisite - "Die Dinger, die ich mir habe machen lassen, sind zu groß, oder?" fragt sie einmal Lavinia -, aber das Gesicht des alternden kleinen Mädchens ist ihr eigenes, sie macht dem Film einen Teil ihrer selbst zum Geschenk. Als wollte sie sagen: Ich bin, was ich bin, und ich bedaure nichts. Es gibt keine Rückblenden, keine Bilder aus besseren Tagen: Die besten Tage sind jetzt und hier. THE BANGER SISTERS, USA 2002 - Regie und Buch: Bob Dolman. Kamera: Karl Walter Lindenlaub Mit: Goldie Hawn, Susan Sarandon, Geoffrey Rush, Erika Christensen. Fox, 97 Minuten.

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