Im Kino: "Catwoman":Das Dosenfuttermassaker

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Katzen fallen immer auf die Füße, Regisseure nicht. Das ist also nichts für Allergiker und andere verkaterte Zeitgenossen: Halle Berry schnurrt sich erwartbar durch "Catwoman". Sieht aber umwerfend dabei aus.

SUSAN VAHABZADEH

Dieser Film handelt zwar von Katzen, aber irgendwie erinnert er einen dann doch an einen kleinen Köter, der furchtlos auf riesige Gegner losgeht, die er nie besiegen kann, im unerschütterlichen Glauben, dass ihn schon irgewndwer retten wird weil er so niedlich ist.

Wie alle Comic-Helden muss auch Catwoman, die tagsüber als unbeholfene graue Maus herumläuft und nachts über die Dächer von New York huscht, die Menschheit verteidigen. (Foto: Foto: Warner)

Der Franzose Pitof hat sich einiges vorgenommen mit "Catwoman", sein zweiter Film und gleich eine amerikanische Großproduktion, auf der hohe Erwartungen lasteten.

Die erlesene Besetzung, inklusive einer sehr schönen Oscarpreisträgerin im Lederbikini, hat ihn nicht davor bewahren können, einen ordentlichen Bauchplatscher an den US-Kinokassen hinzulegen. Katzen fallen immer auf die Füße, Regisseure nicht.

Pitof hat den Job bekommen, weil er bei Jean-Pierre Jeunet als Spezialist für visuelle Effekte gearbeitet hat, ein ziemlich gutes Entree. In Hollywood hat man ihm ein dickes Budget geboten und eine dünne Story, aus der auch Halle Berry, Sharon Stone und ein Haufen visueller Effekte nicht viel machen können.

Wie alle Comic-Helden muss auch Catwoman, die tagsüber als unbeholfene graue Maus herumläuft und nachts über die Dächer von New York huscht, die Menschheit verteidigen gegen einen Bösewicht, der sie beherrschen will. Ein Kosmektikmulti in diesem Fall, der im Begriff ist, eine Faltencreme auf den Markt zu bringen, die Wunder wirkt, solange man sie nicht absetzt: Dann fällt einem die Haut in Fetzen aus dem Gesicht.

Das ist vielleicht ein guter Verkaufstrick, aber die Nebenwirkungen sind Kopfweh, Erbrechen und - Unverwundbarkeit. Kein guter Plan. Jedenfalls nicht gut genug, um einen Action-Film zu tragen. Das müssen Halle Berry und Sharon Stone allein erledigen - wahrlich kein leichter Job.

Catwoman, ein Geschöpf aus dem Hause Batman, wird geboren, als Patience Phillips (Halle Berry) stirbt, eine tapsige, unsichere Designerin in einem Kosmetikkonzern, die sich vom Boss George Hedare (Lambert Wilson) herunterputzen lassen muss.

Eine merkwürdige Katze taucht an ihrem Fenster auf, und als sie versucht, sie zu retten, braucht sie selbst Hilfe.

Der ritterliche Cop Tom (Benjamin Bratt) eilt herbei, er wird Patience lieben und Catwoman jagen. Patience liefert nachts neue Entwürfe in der Firma ab, belauscht dabei ein Gespräch darüber, dass die neue Faltencreme giftig ist und wird umgebracht.

Die geheimnisvolle Katze haucht ihr neues Leben ein - das ist dem Drehbuch nicht gelungen, dem man ein wenig mehr Interesse an dem Innenleben einer Frau wünschen würde, die eines Morgens aufwacht und sich benimmt wie eine Katze.

Da hat die unverwüstliche Sharon Stone die bessere Rolle erwischt, als Hedares makelos alternde, eiskalte Ehefrau, die der eigentliche Kopf ist hinter dem Kosmetik-Imperium, und bislang die einzige, die die Creme schon benutzt - was, bei den Nebenwirkungen, tödlich endet für den armen George.

Mit Feminismus hat das übrigens - solchen Unfug haben die Macher verbreitet - überhaupt nichts zu tun; Feminismus ist nicht, wenn aufgedonnerte Frauen Männer vermöbeln.

Die physische Beobachtung von Catwoman ist Pitof besser gelungen, er ist immer dann am stärksten, wenn zu spüren ist, wie leidenschaftlich gern er ihr zusieht. Die schönsten Szenen sind jene, in denen er Halle Berry tatsächlich spielen lässt, sie allein ist und sich ihres veränderten Körpers bewusst wird - wenn sie sich mit ein paar Thunfischdosen auf dem Bett räkelt und sich dabei den Mund vollstopft; auf der Sofalehne balanciert oder sich im Regal zurechtkuschelt.

Nun hat sich in Tim Burtons "Batman Returns" auch schon Michelle Pfeiffer als Katze neu entdeckt - Pfeiffers Miau ist geradezu legendär. Halle Berry macht das nicht schlechter, sie macht es anders, die Assoziation mit Burtons Catwoman tut Pitofs Version trotzdem nicht gut; weil man sich im Zweifelsfall daran erinnert, wie Burtons strenge Stilisierung eine düstere, künstlich kalte Atmosphäre schuf.

Pitof hat nur einen Look kreiert, sieht alles prima aus in "Catwoman", aber er erzählt einem nichts damit. Worauf will er hinaus? Der Film ist ein Spiel mit Perspektiven, aber man weiß nie, wer da schaut; eine Aneinanderreihung schneller Schnitte, bei denen man gelegentlich den Verdacht nicht los wird - wenn Berry auf der Tanzfläche eines Nachtclubs herumhampelt, beispielsweise -, dass sie nur unsichtbar machen sollen, was Berry und ihre Mitstreiter den Computereffekten zum Trotz alles nicht können.

Nur einmal ist Halle Berrys Sado-Maso-Outfit einer Szene wirklich zuträglich. Man hat Patience gesehen, wie sie sich nachmittags mit Tom trifft, in ihrem üblichen Schlabberlook, ein Händchenhalten-Date. In der Nacht begegnen sich die beiden wieder, Tom ermittelt gegen die vermeintliche Mörderin Catwoman, und sie liefern sich oberhalb einer Theaterbühne einen wahrhaft knisternden Geschlechterkampf.

In dieser Konfrontation mit einem Gegenüber, das sie verführen will, ist Catwoman interessanter als in jeder anderen Kampfszene. Ansonsten geht sie die Wände hoch und springt und schlägt sich, und das meiste sieht irgendwie in Ordnung aus, aber Pitof ignoriert alles, was im Kino passiert ist, seitdem Michelle Pfeiffer in "Batman Returns" maunzte.

Seither hat Ang Lee mit "Crouching Tiger, Hidden Dragon" neue Maßstäbe gesetzt, Zhang Yimou hat sie mit "Hero" und "House of Flying Daggers" erhöht, Tarantino hat die Herausforderung angenommen mit "Kill Bill", und alle drei haben dabei vor allem Frauen kämpfen lassen.

Gemessen daran ist das, was Pitof zu bieten hat, langweilig und konventionell. Obwohl: Manchmal ist es fast beeindruckend, wie egal ihm das zu sein scheint.

Vielleicht hat Pitof "Catwoman" ja als Persiflage angelegt und war nur nicht hartnäckig genug. Ernst nimmt er seine Geschichte jedenfalls nicht, die auch erzählen könnte von Jugendwahn und Perfektionismus, von einer Welt, in der die Menschen sich vergiften würden, um jung und schön zu sein.

Wenn man Pitofs perfekte, langweilige Oberflächen sieht, weiß man, dass ihm auch das egal ist.

CATWOMAN, USA 2004 - Regie: Pitof. Buch: John Brancato, Michael Ferris, John Rogers. Kamera: Thierry Arbogast. Musik: Klaus Badelt. Mit: Halle Berry, Benjamnin Bratt, Sharon Stone, Lambert Wilson. Warner, 104 Minuten.

© SZ v. 17.08.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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