Horror gegen Pornos:Und nun zu den politischen Nachrichten

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Der Betreiber der Porno-Seite, die GI aus dem Irak freien Zugang gegen Horror-Fotos aus dem Kriegsgebiet gewährte, ist in Florida verhaftet worden.

SONJA ZEKRI

Christopher Michael Wilson hat der Formulierung von der "Pornographie des Krieges" eine völlig neue Bedeutung verliehen.

Auf seiner Webseite veröffentlichte er Bilder verstümmelter oder verbrannter Leichen, die US-Soldaten offenbar im Irak und in Afghanistan eingeschickt hatten, um Zugang zu den Sex-Bildern der Seite zu bekommen. Am Freitag ist Wilson in Lakeland, Florida, verhaftet worden. Wegen der Veröffentlichung von Obszönitäten in 300 Fällen, hieß es aus dem Büro des Sheriffs von Polk County.

Wegen der Bilder aus dem Irak, sagt Wilsons Anwalt Lawrence Walters: "Ich habe keine Ahnung, was sie meinen, außer sie beziehen sich auf die Bilder aus dem Irak - und die gehören zu den politischen Nachrichten", so Walters. Wilsons Verhaftung sei eine Reaktion auf die Medien-Berichte in der vergangenen Woche, die immerhin dazu geführt hatten, dass das Pentagon eine Untersuchung der Angelegenheit einleitete, wenn es sie auch sofort wieder einstellte. (SZ vom 30. September). Die Kaution legte Richter Grady Judd mit 151000 Dollar fest. Die Seite selbst funktioniert weiterhin: Der Server steht in Amsterdam. Wilson zu zwingen, sie abzuschalten, so Walters, verletze "den ersten Verfassungszusatz", ja, es wäre eine Verletzung der Bürgerrechte."

Der Ex-Polizist Wilson hat seine Online-Mischung aus Schädelresten neben Blowjobs inzwischen mit einem Zitat aus dem Zweiten Weltkrieg garniert: "Tote sind umsonst gestorben, wenn die Lebenden sich weigern sie anzusehen" - und im Netz wird diskutiert, ob Menschen "die Pflicht haben, auch in Form von Bildern zu sehen, was sie teilweise mit politisch verantworten" (Telepolis), ob Wilsons Horror-Porno-Laden nicht doch irgendwo ein aufklärerisches, medienkritisches Moment enthält.

"Kein normaler Mensch kann sich vorstellen, was auf diesen Videos und Fotos gezeigt wird", so Judd.

Dies dürfte sich allerdings tatsächlich weniger auf die Amateur-Pornos, die im Internet inzwischen Dutzendware sind, beziehen als auf die Leichenbilder.

Das Pentagon, das vor kurzem noch Zweifel hatte, ob die Fotos aus dem Irak oder aus Afghanistan stammen, will nun Disziplinarmaßnahmen gegen jene Soldaten einleiten, die Bilder an Wilson von Regierungscomputern abgeschickt haben. "Viel schwerwiegender aber ist, dass Personen davon profitieren, dass sie Schreckensbilder vom Schlachtfeld verschicken", so Presseoffizier John Robinson: "Das ist besorgniserregend...Wir wollen nicht das Gespür dafür verlieren, wie ernst die Situation im Irak ist."

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