Hörenswert:Vielseitig berauscht

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Neues von "G Rag Y Los Hermanos Patchekos"

Von Dirk Wagner, München

Mit seiner 30-minütigen Spieldauer ist das neue Album "Wacky Tobacky" von G Rag Y Los Hermanos Patchekos ihr kürzestes, aber auch vielseitigstes Album. Mit der Moondog-Nummer "Paris", die schon die Labelkollegen Hochzeitskapelle auf ihrem soeben erschienenen Album "The World Is Full Of Songs" spannend interpretierten, eröffnet das scheinbar omnipräsente Musikerkollektiv nach vierjähriger Studioabstinenz seinen bewährten Karibik-Trash. Wo die Hochzeitskapelle die Moondog-Komposition rein instrumental aufbereitet, nutzen Hermanos Patchekos auch den Gesang. Im Original wird der von einem Chor vorgetragen. Hier singt ihn eine einzelne Stimme, die wie von einem Megafon verstärkt erklingt. So bietet der Sänger einen knarzigen, bass-befreiten Kontrast zum vollen Sound des Orchesters, aus dem hitzige Trompeten in höchste Tonlagen ausbrechen.

Vier Eigenkompositionen treffen auf vier Coverversionen, die ein fundiertes Musikwissen offenbaren. Kein Wunder, gehören doch schon G Rag alias Andreas Stäbler und der Sänger DJ Ernesto alias Daniel Kappla zu den besten DJs dieser Stadt. Letzterer hatte auch das nach einem Song der New-Wave-Band Devo benannte Label "Gutfeeling" gegründet. Ersterer benannte so seinen Schallplattenladen in der Maistraße 1. Beide eint eine Punk-Vergangenheit, aus der heraus sie andere Musikstile wie Rembetiko, Cumbia oder die Countrymusik eines Hank Williams nicht kolonialistisch als Weltmusik entdeckten, sondern als Punk mit anderen Mitteln.

Die Aufbruchstimmung eines solchen Underground-Bewusstseins, das hier noch Haltung ist und nicht Mangel an Möglichkeiten, belebt auch das verflixte siebte Album der Band, zieht man in der Aufzählung den Soundtrack zur Fernsehserie "München 7" ab. Diese Haltung teilen die Brüder und Brüderinnen, die Hermanos also, mit dem in der Schweiz lebenden neuseeländischen Musiker Delaney Davidson, dessen "5 Bucks" sie zu einem mitreißenden Ohrwurm ausweiten, während Captain Beefhearts "Abba Zaba" in der lässigen Patcheko-Version schon an die Musik der afrikanischen Legende Fela Kuti erinnert. Kurzum: Dieses Album berauscht wie Wacky Tobacky, mit illegalisierten Pflanzen angereicherter Tabak also.

G Rag Y Los Hermanos Patchekos: Wacky Tobacky (Gutfeeling Records); Freitag, 18., und Samstag, 19. November, 20.30 Uhr, Milla, Holzstraße 28, Support: Les Millionaires

© SZ vom 18.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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