Hörenswert:Seelenfutter

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Wie bei Trikont "Himmel & Hölle" tönen

Von Christian Jooß-Bernau

Vom Himmel hoch, da kommen sie her. Ausgerüstet mit weißen Gewändern, Trompeten und dem Vorsatz, den Frieden auf Erden zu verkünden. Für die Dauer der Festtage hat man eine leise Ahnung, wie es sein könnte, dort oben. Beim Herumsitzen in winterkalten, katholischen, bayerischen Kirchen, sieht man, dass hierzulande die Vorstellung vom Jenseits bis in die Speckfalten der Putten modelliert ist. Zwingend also, dass sich das Label Trikont in seiner Reihe "Stimmen Bayerns" mit diesem metaphysischen Komplex beschäftigt. "Himmel & Hölle" heißt die aktuelle Folge, wie gewohnt ein Hörkompendium aus Sprache und Musik, dem aber dieses mal schon durch die Dichotomie des Konzepts eine besondere Spannung innewohnt.

Maximilian Pongratz und Maria Hafner singen über den Moment, in dem das Licht ausgeht: "Es ist die Sirene, die du noch hörst. Es ist das Sterbeläuten, das dir gehört." Jeder stirbt für sich. Wenn er im Dunstkreis der Kirche aufgewachsen ist, fragt er sich, ob es für ihn nach oben oder unten geht. Gute Vorbereitung ist die halbe Miete für die Ewigkeit. Maria Peschek liest "Heiligheilig", eine Kindheitserinnerung aus der Zeit der Erstkommunion, als man den Zustand der Heiligkeit mit angestrengtem Bravsein zu erreichen sucht. Die Erzählerin sorgt sich um das Seelenheil ihres Papas und will als Krönung ihres heiligen Strebens eine Messe für ihn lesen lassen. In "Die Hölle auf Erden" nimmt Maximilian Dorner uns mit auf eine Marienwallfahrt, begleitet auch von Freund Martin, der hier gleich zwischen Wahnwahrnehmung und illusionärer Verkennung forschen will. Sie begegnen "wallfahrtserprobten Nonnen mit Regenschutz" und der Erkenntnis, dass dort, wo recht viel vom Himmel geredet wird, die Hölle nicht weit ist.

Überhaupt erinnert man sich beim Hören wieder daran, dass die eifrigsten Streiter fürs Himmlische die Hölle dringend brauchen, weil der Himmel allein gar nicht mal so ein spitzen Spekulationsobjekt wäre. Weil aber Trikont Tradition Gott sei Dank nicht heilig ist, darf Gudrun Mittermeier in ihrem Song "Soulsurvivor" ein Alternativangebot machen und die Seele auf Wanderschaft schicken, ohne sich um Lehrmeinungen zu kümmern. Die Anziehungskraft, die der Abgrund des Todes auslöst, ist so stark wie der Wunsch, diese Grenze gefahrlos zu überschreiten.

So wie Hans Söllner, den der Wunsch umtreibt, einmal Probe zu sterben. Orpheus beiseite - zurückgekehrt ist noch keiner. Wobei: In München soll es einen Dienstmann geben, der schon eine Runde frohlocken war. Auf dieser CD begegnet man seinem Pendant Aloisia, der "Münchnerin im Himmel". Und auf der Wellenlänge 75 Trillionen funkt ein gewisser Meier, der ein wenig wie Karl Valentin klingt, direkt aus der Hölle eine Reportage. Dort ist es mittlerweile recht voll. Aber, erstaunlich, man hat es sich schlimmer vorgestellt.

Stimmen Bayerns: "Himmel & Hölle" (Trikont)

© SZ vom 23.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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