Großformat:Sänger unterwegs

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Dieser Vogelkäfig aus der Werkstatt der japanischen Familie Kojikawa ist so kostbar gearbeitet wie ein Möbelstück, doch er diente einem ganz praktischen Zweck, der Reise zum "Lehrervogel".

Von Catrin Lorch

Ist ein Vogelkäfig ein luxuriöses Möbel, ein Alltagsgegenstand oder ein Kunstwerk? Adele Schlombs, die Direktorin des Kölner Museums für Ostasiatische Kunst, ordnet ihn der Familie Kojikawa zu, die in der Edo-Zeit (1603-1868) für den japanischen Herrscher, den Shogun, arbeitete und berühmt ist für ihre Lackkunst. Doch weil es sich nur um einen Vogelkäfig handelt, wurde dieses Stück nie öffentlich gezeigt.

Jedes Museum hat Dinge, die im Depot ruhen, obwohl sie fest zur Sammlung gehören. So auch dieser Käfig. Die Gründer, Adolf und Frida Fischer, hatten ihn Ende des 19. Jahrhunderts wohl selbst aus Japan mitgebracht. Ihre Sammlung von chinesischen, koreanischen und japanischen Antiquitäten und Kunstwerken bildete den Grundstock des Hauses.

Im 18. Jahrhundert, als dieser Käfig entstand, war das Halten von Singvögeln in Japan groß in Mode. Gute Sänger waren begehrt und wurden teuer gehandelt. Entsprechend aufwendig brachte man sie unter. Dieser Käfig ist so reich bebildert wie ein repräsentatives Möbel. Auf dem Untergestell sind feine Grashalme zu sehen, eine Wiese, die man dem im roten Gitter gefangenen Vogel unterschieben konnte. Und um den Kasten, in dem der Käfig transportiert werden konnte, zieht sich ein Panorama der japanischen Landschaft. Die Ansicht des Berges Fuji ist in einer speziellen Silber-Legierung ausgeführt, im Vordergrund sieht man auch eine Schar Wanderer.

Dennoch sollte in Japan auch ein kostbarer Käfig der Kultur entsprechend nicht groß sein, sondern beweglich, funktional und elegant. Schon weil Vögeln, anders als in Europa, nicht einfach ein fester Stall zugewiesen wurde, sondern man sie - wie in der Literatur häufig beschrieben - mitnahm, auch um sie im Kontakt mit anderen Meistersingern oder sogenannten Lehrervögeln zu schulen. Schlombs hält es nicht für ausgeschlossen, dass auch dieser Käfig auf solche Reisen mitgenommen wurde. Ihr Restaurator hat Spuren von Vogelkot auf der glänzenden Oberfläche nachweisen können.

© SZ vom 28.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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