Graphic Novel über Architektur:Eileen Gray. A House Under the Sun

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Von Laura WEissmüller

Was für eine Liebeserklärung! Ein Haus an der Côte d'Azur, gebaut aus Licht, Wasser und Schatten - zumindest sieht der schlanke strahlend weiße Bau, der so mondän auf den Felsen über dem Meer Platz genommen hat, danach aus. Und auch der Name verrät die Intention der Schöpferin. E.1027 hat die Architektin ihren Entwurf genannt, E für Eileen, 10 für Jean - weil J der zehnte Buchstabe des Alphabets ist -, zwei für Badovici und sieben für Gray. Eileen Gray umarmte sozusagen ihren 15 Jahre jüngeren Liebhaber, den rumänischen Architekten Jean Badovici, mit dem Haus.

"A House Under the Sun" heißt die Graphic Novel, die die Architektin Charlotte Malterre-Barthes zusammen mit der Illustratorin Zosia Dzierżawska über das berühmteste Werk von Eileen Gray verfasst hat (Verlag Nobrow, London / New York 2019, 20 Euro). Ähnlich rasant wie die Illustration von Dzierżawska verläuft das Leben einer der legendärsten Architektinnen und Designerinnen im 20. Jahrhundert, das Malterre-Barthes geschickt durch Zeitsprünge erzählt. Geboren als Tochter eines malenden Grafen in Irland, ging Gray in London auf die Kunstschule und ließ sich von dem Japaner Seizo Sugawara in die hohe Kunst der fernöstlichen Lacktechniken einweisen, bevor sie tief in die schillernde Kunstszene von Paris eintauchte: Mit der Chansonsängerin Damia und ihrer Wildkatze bretterte sie in Cabriolets durch Paris, sie verkehrte in den angesagtesten Salons der Stadt, richtete der Kulturprominenz ihre Häuser ein und führte eine eigene Designgalerie.

Die Möbel sind es auch, die bis heute am bekanntesten von Eileen Gray sind, allen voran ihr verstellbarer Beistelltisch, ebenfalls E 1027 genannt. Dabei schuf die kühne Gestalterin mit ihrem Haus am Meer eine Ikone des modernen Wohnens, rational und menschlich zugleich: "Ein Haus ist keine Maschine zum Leben! Es ist eine Erweiterung ihrer Bewohner, ihre Befreiung, ihre Ausstrahlung", erklärt die Architektin im Band ihrem Liebhaber. Auch Le Corbusier, der Schöpfer der Wohnmaschine, hat das anders gesehen und doch war er zeitlebens eifersüchtig auf das, was Eileen Gray mit E.1027 geschaffen hat.

© SZ vom 18.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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