Gehört, gelesen, zitiert:Vierhändig performt

"Me Too" hat nicht bei allen zu einem Umdenken geführt. Das zeigt der Kommentar von Dorothee Baer-Bogenschütz zu den Vorwürfen gegenüber dem Künstler Jan Fabre.

Ausgerechnet in der Woche, in der sich die "Me Too"-Debatte jährt, hat sich Dorothee Baer-Bogenschütz mit dem Fall Jan Fabre beschäftig. Dem belgischen Künstler wird von Tänzerinnen sexuelle Belästigung vorgeworfen. Im Informationsdienst Kunst , einem "Branchenbrief für die Kunstszene", der zweimal im Monat erscheint, macht sich Autorin Baer-Bogenschütz ihre eigenen Gedanken.

"Viele bekamen im Zuge der "Me Too"-Debatte Spaß an öffentlicher Verleumdung. Da finden rasch auch persönliche Verletzungen ein Ventil. Dazu kommt: Schleunigst einen Pranger zu errichten, ist ein Partyvergnügen unserer digital überreizten Zeit, die gern auch mal vorgibt, vergessen zu haben, dass zu manchen Dingen zwei gehören und ein sogenannter Übergriff etwa durchaus vierhändig performt sein kann. Dabei weiß jeder, dass sich Menschen an andere auch aus Kalkül regelrecht heranschmeißen (und das womöglich später nicht mehr wahrhaben wollen). Der steile Aufstieg startet oft in der Horizontalen. Nicht, dass das zu begrüßen ist! (...) Wer Fabre kennt, weiß, dass er Charisma hat und auf Frauen wirkt, vermutlich ein Teil seines Erfolges."

© SZ vom 12.10.2018 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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