Gehört, gelesen, zitiert:Der Prophet

Im "New Yorker" hat der Autor Thomas Meaney den Philosophen Peter Sloterdijk mit einem großen Porträt gewürdigt. Titel: "A Celebrity Philosopher Explains the Populist Insurgency" - ein Star-Philosoph erklärt den populistischen Aufstand.

"In Deutschland, wo in der akademischen Philosophie noch immer Trockenheit mit Ernsthaftigkeit gleichgesetzt wird, hat Sloterdijk fast ein Monopol auf Frechheit. Es ist kein geringer Teil seines Erfolgs, so wie sein Eifer, eine Meinung zu absolut allem zu äußern - von der Psychoanalyse bis zum Finanzwesen, vom Islam zum sowjetischen Modernismus, von der Ozonschicht bis zur Sexualität der Neandertaler. Ein Essay über Wut kann plötzlich zu einer Geschichte des Lächelns werden, eine Meditation über Amerika zu einer Geschichte der Frivolität. (. . .) Diese Mitteilungswut macht Sloterdijk schwer einordbar. Er ist nicht für eine einzige große Idee bekannt, sondern für ein Sperrfeuer impressionistischer Wortschöpfungen - "Anthropotechnik", "negative Gynäkologie", "Co-Immunismus" -, die nur gelegentlich auf ein größeres System hindeuten. Als öffentlicher Intellektueller ist er berühmt und berüchtigt, weil er immer sehr gern die liebsten Überzeugungen der liberalen Demokraten kritisierte, was jetzt, da die liberale Demokratie in der Krise ist, prophetisch erscheint. (. . .) Der Aufstieg der deutschen Rechten hat Sloterdijk das Leben so aber auch bedeutend schwerer gemacht."

© SZ vom 22.02.2018 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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