Geburtstag:Der Begeisterer

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C. Bernd Sucher. (Foto: Stephan Rumpf)

Faible für Bühne, Geschichtenerzählen, große Auftritte: C. Bernd Sucher, Kritiker, Autor und Star der Bildungsbühnenschau "Suchers Leidenschaften" wird 70.

Von Christine Dössel

Schon als Achtjähriger hat C. Bernd Sucher das Theater für sich entdeckt - und damit Geld verdient. Mit Kasperlepuppen spielte der Naseweis seinen Schulkameraden im elterlichen Garten selbst verfasste Stückchen vor. Eintritt: zehn Pfennig. Weil der Mutter das peinlich war, bot sie im Gegenzug Limo und Kuchen an, was dem kleinen Sucher missfiel. Schließlich sollte es um ihn gehen und die Kunst, und beides gibt es nicht für umme.

Vieles, was den Kritiker, Autor und Münchner Hochschullehrer C. Bernd Sucher aus- und erfolgreich macht, ist in dieser Erinnerung aus Hamburger Kindheitstagen bereits angelegt. Sein Faible für die Bühne, für das Geschichtenerzählen, für den großen Auftritt. Sein Wunsch, geliebt und bewundert zu werden, Menschen für sich und die Kunst zu begeistern. Sein Erfindungsreichtum, sein Charme, seine Chuzpe und nicht zuletzt seine (Geschäfts-)Tüchtigkeit.

"Suchers Leidenschaften" sind eine kluge, unterhaltsame Mischung aus Lesung und Volkshochschule

Aus dem musisch begabten Kind, geboren am 6. Juli 1949 in Bitterfeld, wurde ein intellektueller Bonvivant und einer der letzten "Großkritiker" des deutschsprachigen Theaters. So nannte (und behandelte) man die paar arrivierten, fast ausnahmslos männlichen Chefrezensenten der großen Zeitungsfeuilletons vor der Digitalisierung. Nein, "heteronormativ" ist in diesem Fall kein passendes Attribut. Der flamboyante Dandy Sucher, seit fast vierzig Jahren fest liiert, bekennt sich dezidiert zu seinem Schwulsein. So wie er, obschon er protestantisch erzogen wurde, auch offensiv seine jüdische Abstammung hervorkehrt.

Nach dem Studium der Germanistik, Theaterwissenschaft und Romanistik in Hamburg und München war Sucher von 1978 bis 1980 leitender Kulturredakteur der Schwäbischen Zeitung in Ulm. 1980 kam er zur Süddeutschen Zeitung. Bis 1999 war er hier der verantwortliche Redakteur für das Sprechtheater, mit großer Vorliebe und Expertise für das französische Theater, das er noch mehr liebte als Champagner, Macarons und die Gedichte von Baudelaire. Seit 1996 ist Sucher Professor an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film, bildet in Kooperation mit der Theaterakademie August Everding Kritiker aus.

Zum Erfolgsschlager an vielen Theatern wurde seine Vortragsreihe "Suchers Leidenschaften", eine kluge, unterhaltsame Mischung aus Lesung und Volkshochschule. Es gibt sie seit zwanzig Jahren, längst auch in Buchform. Dass der begeisterungsfähige Begeisterer Sucher an diesem Samstag 70 Jahre alt wird, ist schwer zu glauben. Nicht nur, weil er viel jünger wirkt, sondern in Sachen Alter stets geschummelt hat. Soeben ist seine Autobiografie "Mamsi und ich" erschienen. Ein sehr persönliches Buch, in dem Sucher die Geschichte seiner Mutter erzählt, die das KZ überlebte und den Sohn zu Höchstleistungen antrieb. Es ist "die Geschichte einer Befreiung". Und die eines späten Erwachsenwerdens.

© SZ vom 06.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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