Geburtstag:Auf ihn ist Verlass

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Martin Schwab, geboren am 9. November 1937 in Möckmühl bei Heilbronn, gehört seit 30 Jahren zum Wiener Burgtheater. Er spielte in vielen Peymann-Inszenierungen – und spielt überhaupt sehr viel. (Foto: imago/Rudolf Gigler)

Martin Schwab gehört seit 30 Jahren zum Ensemble des Wiener Burgtheaters. Er spielte in vielen Inszenierungen von Claus Peymann - und spielt überhaupt sehr viel. Er hat selten die Hauptrollen und ist doch ein Protagonist. Jetzt feiert er seinen 80. Geburtstag.

Von Wolfgang Kralicek

Die Rolle, die dem Wesen des Schauspielers Martin Schwab vielleicht am besten entspricht, ist der Ferruccio in Thomas Bernhards "Der Theatermacher". Als Sohn eines polternden Regietyrannen hat dieser Ferruccio kein leichtes Leben. Er wird vom Vater auf der Probe gedemütigt; er muss auf eine hohe Leiter steigen, obwohl sein Arm eingegipst ist; er hat buchstäblich kaum etwas zu sagen. Aber große Schauspieler brauchen nicht unbedingt viel Text, um zu glänzen. Und wie Martin Schwab diesem Schmerzensmann des Theaters in der Uraufführung des Stücks 1985 die Würde bewahrte, war nicht nur sehr komisch, sondern auch so anrührend, dass er als Ferruccio kaum weniger Eindruck hinterließ als der Hauptdarsteller Traugott Buhre. 20 Jahre lang, in vier verschiedenen Städten, stand Claus Peymanns Inszenierung auf dem Spielplan.

Mit Peymann war Schwabs Karriere lange Zeit eng verbunden. Der aus Göppingen stammende Schauspieler kam nach ersten Engagements in Oldenburg und Ulm 1972 ans Staatstheater Stuttgart, wo Peymann zwei Jahre später Schauspieldirektor werden sollte. Mit ihm wechselte Schwab nach Bochum, und nach ein paar Jahren Peymann-Pause in Frankfurt folgte er ihm schließlich auch ans Burgtheater nach Wien. Er wolle lieber in Krefeld spielen als im Burgtheater zuschauen, hat der leidenschaftliche Vielspieler Martin Schwab - in Stuttgart stand er in einer einzigen Spielzeit gezählte 224 Mal auf der Bühne - einmal gesagt. In Krefeld war er nie engagiert.

Aber auch im Burgtheater, wo er jetzt seit genau 30 Jahren Ensemblemitglied ist, hat er wesentlich öfter gespielt als zugeschaut. Schwab war der Woyzeck in Achim Freyers legendärer Inszenierung von 1989, und obwohl er sonst selten in Hauptrollen besetzt wurde, gehört er zu den Protagonisten des Hauses. Nicht einmal Martin Schwab kann in jeder Aufführung dabei sein, aber es fällt einem kaum eine wichtige Burgtheaterinszenierung ein, in der er nicht mitgewirkt hat. Er spielte in Klassikern ebenso wie in neuen Stücken von Handke, Jelinek, Turrini oder Palmetshofer; Regie-Altmeister wie Peter Zadek arbeiteten ebenso gern mit ihm wie die jungen Wilden. Martin Schwab ist eben ein Schauspieler, auf den man sich verlassen kann; in all den Jahren ist er nie zum Routinier geworden, sondern ein Feuerkopf geblieben, der für seine Figuren brennt.

Als Andrea Breth 2013 "Hamlet" inszenierte, war er - was sonst? - der Erste Schauspieler; nächstes Jahr wird er in Stuttgart den König Lear spielen, in einer Peymann-Inszenierung. An der Burg ist Schwab derzeit als Peter Squenz in Leander Haußmanns "Sommernachtstraum" zu erleben. Squenz ist der Regisseur einer schauspielernden Handwerkertruppe, und der Dilettantismus seiner Leute bringt ihn zur Weißglut. Aber weil Martin Schwab der zärtlichste Choleriker ist, den man sich vorstellen kann, fällt Ferruccios Rache gnädig aus. An diesem Donnerstag wird der Schauspieler 80 Jahre alt, an seinem Geburtstag hat er ausnahmsweise keine Vorstellung.

© SZ vom 09.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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