Das Pulver, dachte man, sei längst verschossen. Im Jahr 1990 wäre die Académie Française beinahe auseinandergebrochen, weil manche Mitglieder eine behutsame Vereinfachung der Rechtschreibung guthießen und andere sie bekämpften.
Es ging hauptsächlich um die Abschaffung des Bindestrichs in "Portemonnaie" oder "Weekend", die Ablösung des "ph" durch "f" und den Verzicht auf den "accent circonflexe", das französische Hütchen auf manchen Vokalen. Danach war es wieder ruhig geworden. Viele der Streithähne sind mittlerweile gestorben. Doch nun flammt die Polemik aufs Neue auf. Was ist passiert?
Nun, die damals vom Obersten Rat für die französische Sprache beschlossenen, aber kaum angewandten und teilweisevergessenen Regeln sollen in den Schulbüchern nun angewendet werde. Schätzungsweise zweitausend Wörter sind davon betroffen. Doch auch diese vor drei Monaten schon veröffentlichte Entscheidung der Verlage blieb unbemerkt, bis nun einige plötzlich Alarm schlugen und aufs Neue das Überleben der französischen Kultur bedroht sahen. Dabei ist die Änderung fakultativ, jeder darf weiterhin so schreiben wie gewohnt.
Citroën fürchtet um sein Logo
Aufregung entstand vor allem über das Verschwinden des "accent circonflexe" über den Buchstaben "u" und "i", sofern er nicht sinnbestimmend ist wie in den Worten "mur" und "mûr". Auf Twitter kam ein entrüstetes #JeSuisCirconflexe in Umlauf.
Durch ihren Eigennamen direkt betroffene Körperschaften wie die Stadt Nîmes protestierten: "Nîmes ohne Akzent? Nicht im Traum!"
Auf ironische Weise hat sich überdies die Autofirma Citroën in die Debatte eingeschaltet mit der Mitteilung, eine Welt ohne "accent circonflexe" käme ihr sehr ungelegen, weil dadurch auch die Doppelspitzklammer, ihr Logo, haltlos würde.