Frankfurter Buchmesse:Der Raum der Sprache

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Frankreich hat sein Programm als Gastland der Frankfurter Buchmesse 2017 vorgestellt. Im Mittelpunkt soll nicht das Land Frankreich stehen, sondern die französische Sprache. Erwartet werden Autoren aus aller Welt, von Afrika über die Karibik und Kanada bis nach Polynesien.

Von Volker Breidecker

Ein als Doppelwelle gestaltetes Logo "Francfort en français - Frankfurt auf Französisch" wird sich in großen Schriftzügen quer über die Fassade des Pavillons des diesjährigen Ehrengasts der Frankfurter Buchmesse ziehen. Bereits Anfang Oktober wird ein Hausboot aus Nancy am Mainufer vor Anker gehen und die ersten von mehr als hundert Autoren aus der französischsprachigen Welt an Land bringen. "Willkommenskultur" soll dann auch französisch buchstabiert werden. So sieht es das am Dienstag vorgestellte Programm des Ehrengasts vor. Es steht unter dem Motto "Öffnung hin zu einem Europa der Gastfreundschaft", das Xavier North, der zuständige Sprachberater, um die Pointe ergänzte, die französische Sprache kenne nur ein einziges Wort (l'hôte) sowohl für den "Gast" wie für den "Gastgeber".

Deshalb steht nicht Frankreich, sondern die französische Sprache im Zentrum des Auftritts. Das Ehrengastkomitee unter seinem Vorsitzenden Paul de Sinety beruft sich auf die Philosophen Derrida und Camus, denen zufolge die französische Sprache "nicht den Franzosen", sondern denen gehöre, die in aller Welt Französisch sprechen, von Afrika über Kanada und die Karibik nach Polynesien, und von der belgischen Wallonie bis ins Schweizer Wallis. Autoren aus vielen Weltregionen werden also nach Frankfurt kommen, und die Namensliste - nur so viel sei an dieser Stelle verraten - ist überaus prominent besetzt.

"Die Übersetzung ist die Sprache Europas", zitierte die französische Botschafterin in Deutschland, Anne-Marie Descôtes, den Schriftsteller Umberto Eco. Damit es nicht bei Sonntagsreden bleibt, wurden und werden in den letzten beiden Jahren rund 500 französische Titel - so viel wie nie zuvor - ins Deutsche übersetzt. Neben Belletristik und Sachbüchern legen die Franzosen großen Wert auf die Sparten Comics und Kinder- und Jugendbücher.

Damit die Rolle von Sprache und Literatur als Vehikel des intensivierten französisch-deutschen Kulturaustauschs "in einem gemeinsamen Raum" auch sinnlich greifbar wird, werden die Ehrengäste in dem als Begegnungsstätte dienenden Pavillon eine stattliche Bibliothek von 30 000 Büchern aller Sparten unterbringen, statt wie viele ihrer Vorgänger auf touristische Landeswerbung zu setzen. Das ermöglicht eine offene, kreuz und quer verstrebte Holzkonstruktion, hervorgegangen aus einem künstlerischen Wettbewerb. Hier wird man dann wandeln, stöbern und parlieren können.

© SZ vom 21.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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