Fotoserie:Die Gläubigen (4)

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(Foto: Martin Schoeller)

Unsere Porträts von Gläubigen in New York - heute geht es um eine Wicca. Diese Frau vertritt ein neuheidnisches Hexentum. Ihre Gottesdienste hält sie im Freien. Sie nennt es Hexenzauber.

Von Martin Schoeller

New York ist der Ort mit der größten Zahl unterschiedlicher Glaubensgemeinschaften. Der Fotograf Martin Schoeller porträtiert in seiner Kolumne jeden Freitag einen gläubigen Menschen aus dieser Stadt.

Starr Ravenhawk. Wicca (neuheidnisches Hexentum). Wir haben viele Göttinnen und Götter in unserem Glauben, so viele, dass ich sie immer noch nicht alle kenne. Aber prinzipiell glauben wir an ein symbiotisches Leben mit dem Planeten Erde, seinen Tieren, Pflanzen und allem anderen, ohne das wir als Menschen nicht überleben können. Ohne Tiere bekommen wir eben keine Proteine. Ich weiß, Vegetarier sind da pedantisch, aber auch Pflanzen sind fühlende Wesen, von denen wir Nutzen ziehen, indem wir ihnen Leid zufügen. Ich weiß nicht, wie Veganer das sehen, aber für mich ist das ein logischer Gedanke. Und ich bin ein logisch denkender Mensch. Deswegen habe ich ja auch zum Hexenglauben gefunden. Und ich habe schon einige Glaubensrichtungen hinter mir. Als Kind ging ich in die katholische Kirche, da beschwerte sich der Priester bei meiner Mutter, dass ich so viele Fragen und vor allem so viel infrage stelle. Dann trat meine Mutter in eine Pfingstkirche ein, irgendwann gab es auch mal eine baptistische Phase. Bei der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten wollten sie uns dann vorschreiben, wen wir zu heiraten hätten. Wir mussten da dauernd irgendwelche Jungs aus der Kirche treffen. Ich habe das alles eh immer nur mitgemacht, weil halt meine Mutter daran glaubte. Wie das Kinder so machen.

Mit achtzehn bin ich dann ausgezogen. In Toronto nahm mich eine Mitbewohnerin in Hexenläden mit. Die Bücher dort fand ich interessant. Da gab es nicht nur Götter oder einen Gott, sondern auch Göttinnen, ein Matriarchat. Das leuchtete mir ein. So begann ich mich immer intensiver damit auseinander zu setzen. Wobei einem unser Glaube viel Freiheit lässt. Es gibt da keine zentralen Schriften, keine festgelegten Rituale, nur das Buch der Schatten, das jeder für sich selbst erstellt. Unsere Gottesdienste finden auch meist im Freien statt. Die unterscheiden sich gar nicht so sehr von anderen Religionen. Wir bitten unsere Göttinnen um etwas, wie in einem Gebet. Auch wenn wir es Hexenzauber nennen. So ehren wir unsere Göttinen und damit auch uns selbst.

© SZ vom 29.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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