Fotografie:Grenzenlose Fremdheit

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Die Fotografin Eva Leitolf erhält den Münchner Kunstpreis

Die Fotokünstlerin Eva Leitolf wird mit dem Kunstpreis der Landeshauptstadt München ausgezeichnet. Der mit 10 000 Euro dotierte Preis wird alle drei Jahre vergeben. In der Jury-Begründung heißt es: "Im Werk der Künstlerin Eva Leitolf verdichten sich auf unprätentiöse Weise 'Heimat' und 'Heimatlosigkeit' als große gesellschaftliche Leitthemen der Gegenwart. Schon Jahre vor den aktuellen Debatten um Geflüchtete und dem Erstarken politisch rechter Gesinnung setzte sich Eva Leitolf in ihren konzeptuellen fotografischen Arbeiten mit Fremdenhass und Migration auseinander. Leitolfs Arbeiten, in denen es immer auch um die Form der Darstellung und die Möglichkeit einer Erzählung geht, sind politisch, unbequem und dabei künstlerisch wie ästhetisch komplex. Sie stehen überdies ein für eine kritische Auseinandersetzung mit Bildkonsum und Bildgebrauch."

Beispielhaft verweist die Jury auf Leitolfs Serie "Deutsche Bilder", die zwischen 1992 und 1994 sowie zwischen 2006 und 2008 entstanden sind. Aufnahmen von Fachwerkhäusern, Freizeiteinrichtungen, alltäglichen Schlaf- und Wohnzimmern verweisen auf Orte von Fremdenfeindlichkeit und rassistischer Gewalt. Diese Abwesenheit einer Tat, die Leere und scheinbare Idylle ist auch ein Kennzeichen ihrer Serie "Postcards From Europe" (seit 2006), in der Orte europäischer Flüchtlingspolitik im Mittelpunkt stehen. Diese Serie war unter anderem vergangenes Jahr in einer Ausstellung des Architekturmuseums in der Pinakothek der Moderne zu sehen. Immer wieder zieht es Leitolf an die Außengrenzen der Europäischen Union und an Orte, an denen sich migrierende Menschen aufhalten - und doch unsichtbar bleiben. In ihrer großformatigen Fotoserie "Clearing" hält sie dagegen die Spuren fest, die unbegleitete jugendliche Geflüchtete in ihren Massenunterkünften in Deutschland hinterlassen.

Der Jury unter dem Vorsitz von Kulturreferent Hans-Georg Küppers gehörten an: Professor Burcu Dogramaci (Ludwig-Maximilians-Universität München), Eva-Christina Kraus (Neues Museum Nürnberg), Florian Matzner (Akademie der Bildenden Künste München), Michaela Melián (Preisträgerin 2010), Matthias Mühling (Lenbachhaus), Corinna Thierolf (Pinakothek der Moderne) sowie aus dem Stadtrat Kathrin Abele und Constanze Söllner-Schaar (beide SPD-Fraktion), Marian Offman und Richard Quaas (beide CSU-Fraktion) und Sabine Krieger (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste). Die Verleihung findet am 23. November im Alten Rathaus mit geladenen Gästen statt.

© SZ vom 08.09.2016 / lyn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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