Fotografie:Fernweh im Alltag

Lesezeit: 2 min

Eva-Maria Fahrner-Tutsek hat ihren eigenen Blick auf Kuba gerichtet. Ihre Aufnahmen sind in dem Fotobuch und der Ausstellung "Havana Short Shadows" zu sehen

Von Evelyn Vogel

Es gibt Länder und Städte, die so voller ikonischer Motive sind, dass jeder Tourist auf der Suche nach den selben Ansichten ist, um sie mit der Kamera festzuhalten. Und je mehr wir uns im Internet vorab kundig machen, desto mehr gleichen sich die Bilder, mit denen wir nach Hause kommen. Statt sich einzulassen auf das Neue, das Unerwartete, blicken Besucher durch die Folie des schon Gesehenen auf das Vorhandene. Havanna gehört längst auch zu diesen Städten. Und je schneller sich die kubanische Hauptstadt verändert, desto verkrampfter halten die Besucher an dem fest, was ihnen als typisch für die karibische Sozialismus-Hochburg verkauft wird.

1 / 7
(Foto: Eva-Maria Fahrner-Tutsek)

Stimmungsvolle Einblicke in den Alltag in der kubanischen Hauptstadt ermöglicht der Bildband, beispielsweise in die Calle Concordia, hier mit einer Frau beim Wäscheaufhängen.

2 / 7
(Foto: Eva-Maria Fahrner-Tutsek)

Ganz in Rot: Taxi im Zentrum Havannas.

3 / 7
(Foto: Eva-Maria Fahrner-Tutsek)

Ein Junge in der Avenida Zanja, Centro Habana.

4 / 7
(Foto: Eva-Maria Fahrner-Tutsek)

Zucker, Reis und Salz in einem Geschäft im Zentrum von Havanna.

5 / 7
(Foto: Eva-Maria Fahrner-Tutsek)

Eine Frau in der Calle Bernaza, Havana Vieja.

6 / 7
(Foto: Eva-Maria Fahrner-Tutsek)

Der Charme des Verfalls in der Calle San Ignacio im Viertel La Habana Veja.

7 / 7
(Foto: Eva-Maria Fahrner-Tutsek)

Straßenszene mit jungen Männern in der Calle Ánimas, Centro Habana.

Nicht so Eva-Maria Fahrner-Tutsek, die mit der Alexander Tutsek Stiftung insbesondere die Glaskunst fördert, die in der Jugendstilvilla in Schwabing regelmäßig Ausstellungen präsentiert - und die selbst seit Kindertagen fotografiert. Ihre fotografische Neugier führte sie im Februar 2017 nach Kuba. "Havanna ist eine Herausforderung für die Sinne", schreibt sie im Vorwort ihres im Hirmer Verlag erschienenen Fotobuchs "Havana Short Shadows".

Zwar finden sich dort auch einige erwartbare Motive, aber die Fotografin rückt diese eher an den Rand, zitiert sie wie flüchtige zeithistorische Belege, um Veränderungen um so deutlicher zu machen: ein amerikanischer Straßenkreuzer von der Rückbank aus gesehen, ein Wandbild Che Guevaras an den Rand des Bildes gerückt. Natürlich tauchen allenthalben verfallene Häuser auf, aber Fahrner-Tutsek interessiert sich weniger für die Architektur als viel mehr für die Menschen, die mit und in dieser Architektur leben.

Passanten auf dem Paseo de Martí (Prado). (Foto: Eva-Maria Fahrner-Tutsek)

Dabei hat sie sich auf Vieja und Centro Habana konzentriert, zwei Viertel, die seit einigen Jahren vom Tourismus geradezu überrollt werden. Und doch gelingen ihr auch hier Aufnahmen im Stil der Streetphotography, die mehr über den Alltag auf Kuba erzählen, als all die bonbonfarbenen Abziehbilder, die die Tourismusindustrie mittlerweile routiniert anbietet - und die von so vielen Touristen bereitwillig angenommen werden.

Da sind Frauen, die gerade aus ihrer Haustür treten, Kinder, die auf der Straße spielen oder in der Ballettschule üben, junge und alte Männer, die sich auf der Straße auf ein Spielchen im nachmittäglichen Schatten der Häuser treffen, Nachbarn, die zwischen Tür und Angel ein Schwätzchen halten, Verkäufer, die auf Kundschaft warten, eine Frau, die in der leeren Bel Etage eines Hauses die Bettwäsche aufhängt. Und immer wieder kleine Details, die von der Mangelwirtschaft des Landes erzählen. "Die Stadt hat einen selbstversunkenen, entrückten Rhythmus zwischen Licht und Schatten", schreibt Fahrner-Tutsek. Einen besonderen Moment dazwischen hat sie eingefangen.

Eva-Maria Fahrner-Tutsek: Havana Short Shadows , Fotobuch Hirmer Verlag; Ausstellungen in der Alexander Tutsek Stiftung, Karl-Theodor-Str. 27, bis 16. Nov., Havana Short Shadows: nur Fr, 14-18 Uhr, Das Andere Sehen (zeitgenössische Skulpturen aus Glas): Di-Fr, 14-18 Uhr

© SZ vom 01.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: