Filmfortsetzungswelle:Kinofilme kannibalisch

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Der Sommer könnte dunkel und schattig werden, zumindest für Cineasten: Hollywood überschwemmt den Markt mit alten Konzepten: Die Fortsezung von der Fortsetzung von der Fortsetzung .... "Spiderman" 3 ist nur der Anfang.

Susan Vahabzadeh

Es soll ein Vier-Milliarden-Dollar- Sommer werden - auf soviel Umsatz hoffen die Hollywood-Studios in diesen Tagen. Der Einstieg war schon mal nicht schlecht, "Spider-Man 3" hat den schon vorab als Rekordsaison deklarierten Kinosommer eröffnet mit noch nie dagewesenen 148 Millionen Dollar am ersten Wochenende in den USA, und mit, seit dem internationalen Start am 1. Mai ebenfalls fürs Guinness-Buch tauglichen, 375 Millionen Dollar Umsatz weltweit. Es ist aber auch noch nie vorher ein Film auf so vielen Leinwänden gleichzeitig angelaufen, 4252 waren es in den USA, noch ein Rekord.

Es werde, hat Amy Pascal, Chefin des Spidey-Studios Sony, gesagt, so viele Fortsetzungen geben wie Peter Parker Geschichten zu erzählen hat. Es droht also auch ein Fortsetzungsrekord.

Das war ja sowieso erst der Anfang. Es erwarten uns noch jede Menge Fortsetzungen erprobten Materials in diesem Sommer, "Shrek the Third". "Pirates of the Carribean" - der, nachdem die ersten beiden Teile in Deutschland noch "Fluch der Karibik" hießen, nun in die A-Kategorie der weltweiten Originaltitelhalter aufgestiegen zu sein scheint. "The Bourne Ultimatum" (Nummer drei der Reihe), "Ocean's Thirteen" (ebenfalls der dritte), "Rush Hour 3". "Evan Almighty" ist die erste Fortsetzung zu "Bruce Almighty", dafür ist "Live Free and Die Hard" mit Bruce Willis schon die Nummer vier der "Stirb-langsam"-Reihe, und der Harry Potter, der uns im Juli blüht, "Der Orden des Phönix", ist der fünfte.

Mit Star Wars fing alles an

Man werde, kündigen die Studio-Manager in amerikanischen Zeitungen an, in diesem Sommer alles zu sehen bekommen, was man will. Dazu wird es sicherlich nicht kommen - denn bei einem solchen Gedränge im Actiongenre wird es für kleinere, ruhigere Produktionen aus dem Studiobetrieb kaum noch freie Leinwände geben.

Der Blockbuster ist, seit seiner Erfindung vor ziemlich genau dreißig Jahren - 1977, "Star Wars" - traditionell kein Film der leisen Töne, dafür aber ein Gesamtpaket mit Puppen, Kappen und PC-Spiel, oder, wie im Fall der "Piraten", einem eigenen Karussell im Disney-Themenpark. Wann immer teure Fortsetzungen beim Publikum nicht so richtig gut ankamen - wie bei "Batman" oder "Speed" -, wurden die Rufe laut nach neuen Konzepten.

Aber auch nach dreißig Jahren ist die Sehnsucht nach der Rezeptur zum Geldverdienen größer als die Angst vor der Fortsetzung, die nicht mit dem Original mithalten kann. Dass es nun Unkenrufe gibt, "Spidey 3" sei seiner Vorgänger unwürdig, ist bei solchen Einspielergebnissen den Studios egal. Keine Rede mehr davon, das alte Konzept zu überdenken, wie 2005, als ein Besucherrückgang von 11,5 Prozent dem US-Kino zu schaffen machte. Nun soll es also aufwärts gehen - in den ersten Monaten des Jahres war davon allerdings noch nicht viel zu spüren, obwohl nicht nur Amy Pascal zur Zeit euphorisch in die Zukunft blickt.

Das Kino boomt, aber so rekordverdächtig, wie die amerikanischen Zahlenspiele es vorgaukeln, ist der Aufschwung nicht. Tatsächlich sind die Besucherzahlen in Deutschland insgesamt gestiegen, wie in den USA auch - das Umsatzplus der Jahre davor war allein auf gestiegene Ticketpreise zurückzuführen. Ob die gestiegenen Besucherzahlen am Ende aber zu höheren Einnahmen führen, das hängt auch von den Produktionskosten ab.

Zwanzig große US-Filme werden in diesem Sommer konkurrieren, das sind doppelt so viele wie gewöhnlich; sie haben also auch doppelt so viel gekostet, manche mehr als 200 Millionen Dollar, Marketing- und Distributionskosten nicht eingerechnet. Bei einem solchen Gedränge kann es leicht zum Kannibalisierungseffekt kommen, sodass sich selbst gut gemachte Filme gegenseitig das Publikum abjagen. Und welche Sequels die Zugkraft von "Spider-Man 3" entwickeln, das ist sowieso noch nicht raus.

Ob der Rekordsommer am Ende wirklich rentabel war, werden uns die US-Studios nicht freiwillig verraten. Das merken wir erst, wenn die Studiobosse wieder auf die Sprüche der letzten Jahre zurückgreifen: "Es müssen weniger Filme für weniger Geld produziert werden." Und: "Wir brauchen ein neues Konzept."

© SZ vom 8.5.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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