Film:«Schönheit» siegt über «Oh Boy»-Melancholie

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Berlin (dpa) - Die Erwartungen der Deutschen waren enorm - doch am Ende siegt ein großer schwelgerischer Bilderrausch aus Italien über die kleine schwarz-weiße "Oh Boy"-Melancholie aus Deutschland.

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Berlin (dpa) - Die Erwartungen der Deutschen waren enorm - doch am Ende siegt ein großer schwelgerischer Bilderrausch aus Italien über die kleine schwarz-weiße „Oh Boy“-Melancholie aus Deutschland.

Gleich vier Trophäen holte Paolo Sorrentinos Gesellschaftsporträt „La Grande Bellezza - Die große Schönheit“ bei der Verleihung des 26. Europäischen Filmpreises, darunter den Hauptpreis für den besten europäischen Film 2013. Die ebenfalls in der Königskategorie sowie für drei weitere Preise nominierte deutsche Tragikomödie „Oh Boy“ von Jan Ole Gerster erzielte am Samstagabend in Berlin lediglich einen Achtungserfolg: die Auszeichnung als bester Erstlingsfilm.

„Oh Boy“-Titelheld Tom Schilling (31) wurde in der Kategorie bester Schauspieler von „Bellezza“-Hauptdarsteller Toni Servillo (54) geschlagen - nachdem Schilling für seine Darstellung eines Berliner Tagträumers bereits den Deutschen und den Bayerischen Filmpreis eingeheimst hatte. Auch in der Kategorie beste Schauspielerin hatten die Deutschen Chancen - und verloren. Barbara Sukowa (63) konnte sich mit ihrer Rolle als jüdische Philosophin „Hannah Arendt“ nicht gegen die Konkurrenz durchsetzen. Gewinnerin wurde die Belgierin Veerle Baetens (35) für ihre Leistung in „The Broken Circle“. Sie spielt in dem bewegenden Drama von Felix Van Groeningen eine Mutter, die den Tod ihres Kindes nicht verkraftet.

Mit dem Film „La Grande Bellezza - Die große Schönheit“, der im Juli in die deutschen Kinos gekommen war, kürten die 2900 Mitglieder der Europäischen Filmakademie echte Kinokunst. Das 2 Stunden und 20 Minuten lange Werk erzählt von einem die schönen Künste, die Philosophie und die Frauen liebenden Lebemann in Rom, der mit Mitte 60 sein ausschweifendes Leben Revue passieren und sich durch Italiens Hauptstadt treiben lässt.

Das poetische Werk ist eine Hommage an Rom und gleichzeitig das berührende Porträt eines älteren Mannes. Servillo spielt ihn mit hinreißendem Charme und zartfühlender Nachdenklichkeit. Auch die Preise in den Kategorien Regie und Schnitt gingen an „La Grande Bellezza“. Regisseur Sorrentino selbst war bei seinem Triumph allerdings gar nicht dabei, er war nicht nach Berlin gereist.

Der Siegeszug von „Oh Boy“, der unter anderem den Deutschen Filmpreis gewonnen hatte, setzt sich damit auf europäischer Ebene nicht fort. Zuletzt hatte im Jahr 2006 mit dem Stasi-Drama „Das Leben der Anderen“ von Florian Henckel von Donnersmarck ein deutscher Film den europäischen Filmpreis gewonnen.

Der Europäische Filmpreis wird gern als europäischer Oscar bezeichnet. Im Vergleich zu seinem amerikanischen Vorbild fehlt es ihm allerdings immer noch an Glamour - zur diesjährigen Gala kamen zum Beispiel gleich drei prominente, auch in Hollywood erfolgreiche Nominierte nicht: die Briten Jude Law, Naomi Watts und Keira Knightley. Umso größer war die Aufmerksamkeit für die französische Diva Catherine Deneuve. Die 70-jährige, sehr gerührte Schauspielerin wurde für ihr Lebenswerk ausgezeichnet und zog in einem langen Kleid im Geparden-Animalprint-Look alle Blicke auf sich.

Langen Applaus gab es auch für den spanischen Regisseur Pedro Almodóvar (Alles über meine Mutter), der für seinen Beitrag zum Weltkino mit einem Sonderpreis geehrt wurde - und dem „seine“ Schauspieler, darunter Rossy de Palma, ein Ständchen brachten. „Ich bin von Frauen umgeben aufgewachsen“, sagte der Regisseur. Diese Frauen hätten ihn zu seinen Filmen inspiriert und deshalb widme er ihnen den Preis.

Erstmals verliehen die 2900 Mitglieder der Europäischen Filmakademie auch einen Preis für die beste Komödie. Die Auszeichnung ging an Susanne Biers romantische Komödie „Love Is All You Need“. In dem turbulenten Werk aus Dänemark spielt Pierce Brosnan eine der Hauptrollen. Der 85-jährige Ennio Morricone (Spiel mir das Lied vom Tod) nahm für seine Kompositionen zu dem Kunstkrimi „The Best Offer - Das höchste Gebot“ den Preis für die beste Filmmusik entgegen - eine weitere Auszeichnung für Italien, von Stars wie Kristin Scott Thomas, Diane Kruger, Ulrich Matthes und Martina Gedeck begeistert gefeiert.

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