Festival:Ja, wo raven sie denn

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Tanzen unter freiem Himmel: Open Air-Veranstaltungen wie das Münchner Greenfields-Festival sind unter Fans elektronischer Musik beliebt. (Foto: Florian Peljak)

Beim "Greenfields Open Air" wird die Rennbahn in Riem zur Party-Zone

Von Salomé Meier, München

Ein sommerlicher Sonntagnachmittag in Riem. Ein Golfer hebt hoch konzentriert seinen Schläger an den Ball. Putt. Mit einem Schlag hat er ihn im Loch versenkt. Freudig klatscht er sich, weißbehandschuht, mit einem befreundeten Golfer ab, verräumt fein säuberlich Ball und Schläger zu den anderen Bällen und Schlägern in die Golftasche und rollt zufrieden zur nächsten Station.

Kein ungewöhnlicher Anblick. Allein an diesem Sonntag ist er es irgendwie doch. Dann nämlich, wenn man dieser Szene aus 200 Metern Entfernung beim Anstehen an einer Bar zuschaut, bei der eben ein fröhlicher Mann Gratis-Kräuterlikör in der Runde verteilt. Hinter einem dröhnt dumpf der Bass, und die junge Frau neben einem hat sich für ihre heutige Kleider- und Make-up-Wahl mit sehr großer Wahrscheinlichkeit von einem farbenfrohen Einhorn inspirieren lassen.

Einmal im Jahr bildet der feine Zaun zwischen der Golfwiese und der Galopprennbahn quasi eine symbolische Trennlinie. Unübersehbar: Die Menschen diesseits und jenseits des Zauns gehören zwei denkbar unterschiedlichen Kategorien an. Einmal im Jahr teilen sich die Hobbygolfer ihre Wiese nicht mit reinrassigen Pferden und Vollblutreitern, sondern mit Tausenden von Ravern des Elektro-Festivals "Greenfields Open Air".

Bereits von elf Uhr an trudelten an diesem Sonntag die Partygänger in regelmäßigen S-Bahn-Schüben auf dem Gelände ein, wo auf drei Flächen unter offenem Himmel auf und hinter der Rennbahn über den ganzen Tag verteilt zu den Beats von DJ-Grössen wie Kölsch, Rødhåd oder Chris Liebing getanzt wurde. Allein die erhöhte Publikumsbühne und die geometrische Pferdekopffigur, die an einem Mast hoch über dem "Track Floor" über das Partyvolk wachte, das dort gerade zur House-Musik eines René Vaitl oder Maceo Plex um die Wette tanzte, erinnerte daran, wer hier normalerweise zu Höchstleistungen aufläuft.

Hinter der Rennbahn, umgeben von schattenspendenden Bäumen, ließ der Leipziger DJ Matthias Tanzmann seine Namensvettern mit knackigem Techhouse schwitzen, und beim "Park Floor" verfestigte der Berliner Rødhåd seinen Ruf als Meister des dunkleren, dubbigen Deephouse. Einen internationalen Touch gaben dem Festival die beiden weiblichen Acts: Die Londonerin Maya Jane Coles hat in ihrer Heimatstadt bereits die Tate Modern bespielt, und die Belgierin Amelie Lens zählt spätestens seit ihrem hiesigen Auftritt nicht mehr nur in Belgien zu den Senkrechtstartern der Szene.

Für die Verpflegung auf dem ausverkauften Festival sorgten Bars, die mit Vorliebe auch ganze Flaschen verkauften, sowie ein paar Foodtrucks. Am Ende des durchfeierten Sonntags lösten Chris Liebing und Sven Väth, beide Loveparade-Veteranen, ihre DJ-Kollegen ab. Golden ging die Sonne unter. Da hatten die Golfer das Feld bereits den tanzwütigen Nachbarn überlassen.

© SZ vom 10.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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