Ein alter Simca fährt zur Musik von "Highway to Hell" mitten in die Manege. Die gelben Lichter des knallroten Autos, längst aus dem französischen Straßenbild verschwunden, bewegen sich im Takt der Musik aus dem Autoradio. Darin: Victor und Kathi, ein Paar auf dem Weg in die Flitterwochen. Kati Pikkarainen und Victor Cathala vom Cirque Aïtal sind auch im richtigen Leben ein Paar. Der stattliche, dunkelhaarige Franzose, der eigentlich Bauer werden wollte, und die zierliche Finnin lernten sich an einer Artistenschule kennen. Die neueste Produktion "Pour le meilleur et pour le pire" ("In guten wie in schlechten Zeiten") verbindet Theater, Zirkus-Akrobatik und Blödelei.
Vielleicht ist es ja ihre eigene Beziehungsgeschichte, die sie da auf dem sandigen Boden oder in schwindelerregender Höhe am Trapez unter der Zelt-Decke vorturnen. Ihre akrobatische Leistung ist nicht so perfekt wie die eines chinesischen Artisten-Duos. Doch gerade das macht sie so sympathisch und authentisch. Der rote Simca ist die Metapher für das Unterwegssein. Er dient als Umkleidekabine, Requisitenkoffer und ist Handlungsort. Immer selbstbewusst und voller Tatendrang wirkt Kati, wenn sie beispielsweise eine vier Meter lange Auspuffstange aus dem Auto reißt und in Latzhose durch die Gegend schleppt.
Doch trotz aller Bemühungen bleibt sie der passive Part und Victor der Dominante, der ihr Sicherheit bietet und sie bei der Stange hält, während sie darauf ihre Kunststücke turnt. Sie streiten sich, versöhnen sich, haben Sex. Und immer bleibt die Beziehung ein Drahtseilakt zwischen Harmonie und Absturz.
Cirque Aïtal , Dienstag, 5., bis Sonntag, bis 10. Juli, Theaterzelt, Tollwood im Olympiapark