Facebook, Google & Co.:Geh vorbei!

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Erstmals haben die Giganten der Digitalbranche ein furchtbares Jahr erlebt. Sie mussten mehrmals an ihre soziale Verantwortung erinnert werden.

Von Bernd Graff

Wenn die großen Fünf der Digitalbranche am Ende des Jahres zurückblicken, werden sie sich vermutlich verwundert, aber auch ein wenig pikiert fragen: Was war das denn? Apple, Alphabet, Microsoft, Amazon und Facebook hatten große Probleme.

Denn 2017 hat den Tech-Konzernen zwar wieder neue Fantasietrillionen in die Kassen gespült, Umsätze und Gewinne wuchsen zweistellig, manchmal sogar in den Quartalszahlen. Doch trotz der ungebrochenen und immer obszöner werdenden Zuwächse und Kapitalvermehrung ist dieses erste Jahr der Trump-Präsidentschaft für die Giganten auch das Jahr einer beispiellosen Rundumverteidigung gegen Vorwürfe, die immer lauter werden. Sie reichen von Skandalen um Datenschutz und manipulierte Produktqualität bis hin zu Monopolisierung und Wettbewerbsverzerrungen bei Amazon, Apple und Microsoft. Und sie gipfeln in den Fake News-Enthüllungen, denen sich insbesondere Google und Facebook seit Donald Trumps Wahl ununterbrochen ausgesetzt sehen.

Während in den nur heiteren Jahren zuvor einzig das ökonomische Wachstum für die Firmen und ihre Aktionäre zählte, stehen sie nun in einem Dauerhagel schlechter Nachrichten. Denn 2017 wurden sie an ihre soziale Verantwortung erinnert, beziehungsweise an den Schaden, den sie sozialen Gemeinschaften durch die Duldung künstlichintelligenter Propaganda aus anderen Staaten zufügen. Deshalb wurden Repräsentanten von Facebook, Google und Twitter vor den amerikanischen Kongress zitiert, um sich zu ihrer vermeintlichen (und vermeintlich lukrativen) Mittäterschaft bei der Beeinflussung demokratischer Willensbildungsprozesse durch russische Hacker befragen zu lassen. Diese Hacker fluteten die großen sozialen Netze im Wahlkampf mit Fake News und Desinformation durch zahllose synthetische Akteure - sogenannte Bots. Alle Firmenvertreter mussten zähneknirschend einräumen, dass man dieses Trollunwesen nicht gestoppt habe. Damit brach die Zeit einer gewissen Reue an.

Google sperrt seit fast einem Jahr überall auf der Welt Fake-News-Accounts, Facebook zieht nach und will seinen "Review Staff", also die Jäger der gefälschten Konten, dramatisch vergrößern. Und es bietet seinen US-amerikanischen Nutzern jetzt an, selber herauszufinden, ob sie persönlich im Wahlkampf und auch davor schon Opfer russischer Manipulationsversuche waren. Denn im Herbst ergaben firmeninterne Nachforschungen, dass mehr als 125 Millionen Nutzer den Propaganda-Attacken der Kreml-nahen "Internet Research Agency" mit Sitz in St. Petersburg ausgesetzt waren. Zweck der Kampagnen sei allgemeine Verunsicherung, das Schüren von politischer Unruhe und Hass gewesen: So wollte man die Gesellschaft weiter spalten. Allein auf dem Facebook-eigenen Instagram seien 16 Millionen Amerikaner zwischen Oktober und November 2016 mit verleumderischen Beiträgen konfrontiert worden. Nun können sie nachsehen, ob sie diesen Mist damals "gelikt" haben. Vorerst aber nur in den USA.

© SZ vom 28.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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