Erzählung aus Russland:Flucht mit Wölfen

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Eine aufregende historische Abenteuergeschichte und gleichzeitig eine berührende Tiererzählung mit einer besonderen Heldin.

Von Hilde Elisabeth Menzel

Katherine Rundell: Feo und die Wölfe. Aus dem Englischen von Henning Ahrens. Carlsen, Hamburg 2017. 156 Seiten, 14,99 Euro. (Foto: N/A)

"Vor langer, langer Zeit, es ist bald hundert Jahre her, da gab es ein dunkelhaariges, ungestümes Mädchen. Das Mädchen hieß Feodora." Was wie ein Märchen beginnt, entfaltet sich sehr bald zu einer faszinierenden Mischung aus historischem Roman, spannender Abenteuererzählung und berührender Tiergeschichte. Und im Mittelpunkt steht die zwölfjährige Feodora, eine jener Heldinnen, die sich im Kopf des Lesers zu jenen liebenswerten literarischen Kinderfiguren addieren, die er nicht mehr vergisst. Der Zauber der Geschichte entsteht aber vor allem auch durch die elegante Sprache, welche die englische Autorin Katherine Rundell immer wieder durch witzig-ironische Kommentare bereichert (brillant übersetzt von Henning Ahrens). Sie versetzt den Leser in das Russland der Zarenzeit zurück, als es unter den Adligen schick war, sich Wölfe als Haustiere zu halten. Wenn sie dann zu groß und zu wild wurden, wollte man sie wieder loswerden und schickte sie zu so genannten Wildwolfern, welche die Wölfe auf das Leben in der Wildnis vorbereiteten und sie lehrten, wie man jagt, heult und sich vor den Menschen hütet. Seit Generationen übte die Familie der zwölfjährigen Feo den Beruf der Wildwolfer aus. Zusammen mit ihrer Mutter lebt sie in einer einsamen Hütte im Wald und sie kümmern sich um Wölfe, die man ihnen bringt. Zur Zeit sind es drei, und Feo kennt sich sehr gut aus und weiß genau, wie sie die ganz unterschiedlichen Tiere behandeln muss. Doch eines Tages taucht General Rakow von der Kaiserlichen Armee mit seinem Gefolge auf, beschimpft und bedroht Feos Mutter und befiehlt ihr, die Wölfe zu töten, weil sie Elche gerissen hätten. Mutig verweigert Feos Mutter den Befehl, und Feo flieht mit ihren Wölfen in eine verlassene Kapelle. Nie und nimmer wird sie ihre Wölfe töten!

Widerstand dieser Art, noch dazu von einer Frau, ist der mächtige General nicht gewohnt, und so kehrt er bald darauf mit seinem Gefolge zurück, zündet die Hütte an und verschleppt Feos Mutter ins Gefängnis nach St. Petersburg. Feo kann mit ihren Wölfen entkommen und bekommt Hilfe von Ilja, einem jungen Soldaten des Generals, der desertiert und sie und die Wölfe auf ihrer gefährlichen Flucht begleitet und beschützt.

Nun beginnt der abenteuerliche Teil des Romans, so lebendig erzählt, dass man sich mitten in den eisigen, russischen Winter versetzt fühlt und mit Feo leidet, als der General zwei ihrer geliebten Wölfe tötet. Doch sie haben Glück. Alexej, ein junger Rebell, findet die Flüchtlinge und bringt sie in ein verlassenes Schloss, wo sie sich verstecken können. Zusammen mit der von General Rakow aus ihrem niedergebrannten Dorf vertriebenen Dorfbevölkerung zetteln Alexej, Feo und Ilja in St. Petersburg einen Aufstand an, und es gelingt, die Mutter zu befreien.

In diesem letzten Teil führt die Autorin alle Elemente ihres Romans zusammen. Die ein wenig melodramatische Befreiung der Mutter aus dem Gefängnis mit Hilfe der Wölfe liest sich wie ein Märchen, doch der Aufstand der Dorfbevölkerung gegen den grausamen General zeigt historische Züge: "Sie standen im Schnee und kehrten der Stadt den Rücken zu. Dort hatte eine Revolution begonnen."

Und was wird aus Feo und Ilja? Nur so viel sei verraten: Neben den Wölfen wird Ilja in Feos Leben seinen Platz finden. (ab 12 Jahre)

© SZ vom 28.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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