Erich-Fried-Preis:Im Herzen jung

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Über die Posen der Jugend und Peinlichkeiten früher Lektüren. Für ihre Dankesrede beschäftigt sich die Preisträgerin Teresa Präauer mit einem Bild von Elizabeth Peyton.

Von Teresa Präauer

Auf dem Sofa sitzen Ken und Nick und sehen in die Ferne. Ein Notizbuch liegt auf Nicks Schoß, aufgeklappt steht es da wie ein kleines Zelt in der Farbe von hellem Graugrün, mit dem Buchrücken nach oben, sodass Ken nicht lesen kann, was Nick hineingeschrieben hat. Ken und Nick lassen die Schultern hängen, machen den Rücken rund und schieben das Gesäß nach vorne bis an die Sofakante. Es ist die Pose der Jugend, die sie einnehmen, der Körper biegsam, der Blick leer, die Miene erstarrt, also cool. Der Rücken, das Gesäß: als ergäben Ken und Nick zusammen einen Singular, zwei zu einem verwachsen, da sie doch gleich dasitzen, also hängen, also abhängen. Ein Paar, das in den Texten der Literatur so häufig vorkommt, Mädchen, Brüder, Königskinder, denn in der genauen Betrachtung von Ähnlichkeit, von Freundschaft, wird wieder, bei nächster Überlegung, die Ungleichheit erst deutlich. Irgendwo schleicht sich langsam Konkurrenz ein in eine solche Zweisamkeit, die doch auf Geschwisterlichkeit basierte und auf Zwillingshaftigkeit. Ein Herz und eine Seele waren sie bis eben noch gewesen.

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