Digitalkultur:Schwall und Rauch

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Star getroffen? Dann gibts jetzt endlich das richtige Emoji. Aber welches? (Foto: Apple)

Apple stellt neue Emojis vor, darunter ein Zebra, eine stillende Mutter und einen Zombie. Aber sind die Emojis nun eigentlich ein Höhe- oder ein Tiefpunkt der Alltagskommunikation?

Von Jens-Christian Rabe

Mehr als vier Jahre ist es schon wieder her, dass die amerikanische Library of Congress, die größte Bibliothek der Welt, eine Übersetzung von Herman Melvilles Klassiker "Moby Dick" in Emoji-Symbolen aufgenommen hat. Sie hieß konsequenterweise "Emoji Dick" und war von Fred Benenson, einem Mitarbeiter der amerikanischen Crowdfunding-Plattform Kickstarter, mithilfe von 800 freiwilligen Helfern aus dem Netz erstellt worden. Der berühmte erste Satz "Call me Ishmael" bestand in Emoji aus einem roten Telefon, einem Männerkopf mit Schnauzer, einem Segelschiff, einem Walfisch und einer Okay-Hand.

Er interessiere sich sehr dafür, so Benenson damals, wie digitale Technologien unsere Sprache, Kommunikation und Kultur beeinflussten. Emojis seien in dieser Entwicklung entweder ein Höhe- oder ein Tiefpunkt, weshalb er das Gefühl gehabt habe, einmal "einige unserer geteilten Ängste" über die Zukunft der menschlichen Ausdrucksfähigkeit thematisieren zu müssen, "indem ich ein Stück große Literatur durch einen schrägen neuen Filter jagte". Das war schön gesagt.

In ihrer atemberaubenden Nutzlosigkeit strahlte die Übersetzung dann allerdings vor allem die stolze Würde einer Kommunikationsform aus, die sich auf der strahlend neuen, jungen und also vorerst unschlagbaren Seite der Geschichte sieht. Kein Wunder also, dass es danach erst richtig losging. Inzwischen jagen wir einen Großteil unseres täglichen Kurzmitteilungsdranges durch den Emoji-Filter. Zum Welt-Emoji-Tag, der am vergangenen Sonntag zum dritten Mal gefeiert wurde, twitterte sogar das Londoner Royal Opera House die Oper "Turandot" als Emoji-Rätsel: eine chinesische Flagge, ein Prinz, zwei Herzen, eine Prinzessin, ein Prinz, drei Fragezeichen, ein Häkchen, eine Prinzessin, ein erschrockenes Smiley, ein Prinz, eine Prinzessin, ein Rote-Bäckchen-Smiley, zwei Herzchen - hach ja. Und Ende Juli kommt der erste Emoji-Film ins Kino. Ob der eine Antwort liefert auf die Frage, ob die Emojis nun einen Höhe- oder einen Tiefpunkt der digitalen Alltagskommunikation darstellen, lässt sich dem Trailer vorerst leider nicht einwandfrei entnehmen.

Klarer scheint die Botschaft der nun vorgestellten neuen Apple-Emojis, die im Laufe des verbleibenden Jahres auf den Geräten des Herstellers verfügbar sein werden: Das bisschen, was wir sagen können (oder wollen), das sollten wir lieber gleich zeigen. Weshalb bei den neuen ganz folgerichtig etwa ein Zebra dabei ist, ein Tyrannosaurus Rex, eine Frau mit Schleier, eine stillende Mutter, ein Zombie, eine schwarze Elfe, ein schwarzer und ein weißer Yogi, ein Flaschengeist, ein Sandwich, eine halbe Kokosnuss und vor allem die hier abgebildeten neuen Smiley-Varianten: ein Smiley mit Sternenaugen für alle, die gerade einem Star begegnet sind, ein Smiley mit verdrehten Augen, ein im Hirn explodierender und ein sich mit offenem Mund übergebender, liebevoll gestaltet mit roten und gelben Pünktchen im grünen Schwall.

Und was soll man dazu sagen? Tja, wenn die Zeit mal knapp sein sollte, lässt sich damit im Moment immerhin schon mal eine recht akkurate Zeitdiagnose erstellen.

© SZ vom 19.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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