Die Tänzerin, die blind und berühmt wurde: Alica Alonso ist tot

"Attack" - "greif an", so feuerte die Kubanerin Alica Alonso ihre Kompanie an. Das galt auch für das eigene Leben, dem die Tänzerin trotz früher Erblindung eine große Karriere abtrotzte.

Von DORION WEICKMANN

Jede andere wäre an dieser Diagnose gescheitert, aber Alicia Alonso trotzte ihr eine sagenhafte Karriere ab. Mit 19 Jahren bekam die 1921 in Havanna geborene Offiziers-Tochter den Katastrophenbefund: Netzhautablösung. Mehrere Operationen verzögerten die Erblindung, aber ohne sekundengenau getimte Auftritte, spezielle Lichtsignale und verlässliche Partner wäre die Diva nie zu internationaler Berühmtheit gelangt.

Alonso tat die ersten Schritte ins Rampenlicht am Broadway. Ihre Stunde schlug 1943, als sie eine erkrankte Kollegin ersetzte und als "Giselle" debütierte. Die Weltbühnen rollten ihr den Teppich aus. Alonso jedoch zog es vor, nach Kuba zurückzukehren und dort 1948 eine Truppe zu gründen - auf eigene Kosten, bis Fidel Castro das Unternehmen 1959 zum Ballet Nacional de Cuba promovierte.

Das nationale Aushängeschild wurde nicht nur großzügig subventioniert, sondern weltweit herum gereicht. Bis ins hohe Alter tanzte Alonso die Paraderollen des romantischen Repertoires mit erotischer Grandezza und dirigierte, obwohl nahezu völlig erblindet, ihre Kompanie mit eiserner Hand. "Attack" - "greif an", so feuerte sie die Tänzer am liebsten an. Erst 2019 legte sie die künstlerische Leitung in jüngere Hände. Im Alter von 98 Jahren ist Alicia Alonso nun auf Kuba gestorben.

© SZ vom 19.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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