Die Gläubigen (5):Frei von Zorn und Gier

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Kalpana Gandhi Sanghavi gehört dem Jainismus an. Um ihr Karma zu überwinden und das Nirvana zu erreichen, praktiziert sie absolute Gewaltlosigkeit.

Foto und Protokoll von Martin Schoeller

New York ist der Ort mit der größten Zahl unterschiedlicher Glaubensgemeinschaften. Der Fotograf Martin Schoeller porträtiert in seiner Kolumne jeden Freitag einen gläubigen Menschen aus dieser Stadt.

Kalpana Gandhi Sanghavi. Jainismus. Unser Glaube ist sehr alt. Er kommt aus dem antiken Indien. Viele glauben, er ähnelt dem Hinduismus, doch der kam erst später. Unser Gott lebte vor zweieinhalbtausend Jahren als Mensch. Er war der erste Tirthankara. Er war einer von uns und erreichte seine göttliche Macht, indem er alles Negative ablegte. Er löste sich von Zorn, von Gier, von Eifersucht, er gab allen Besitz auf. So taten es auch all jene, die ihm folgten. Nur so erreichen wir, dass wir unser Karma überwinden und Nirvana erreichen, denn man muss für alles, was man im vergangenen Leben tat, bezahlen. Deswegen glauben wir an absolute Gewaltlosigkeit.

Und deswegen ernähre ich mich rein vegetarisch. Ich werde bald wahrscheinlich sogar zur Veganerin. Eigentlich dürfen wir ja Milch trinken, denn um Milch zu bekommen, muss man das Tier nicht töten. Aber heutzutage bekommen die Tiere Hormone, um mehr Milch zu geben. Das reduziert ihre Lebenserwartung. Also ist das ebenfalls Gewalt. Wir essen zum Beispiel auch keine Wurzelgemüse, weil man dafür die ganze Pflanze heraus reißen muss und die Pflanze nicht weiter wachsen kann. Deswegen beschränken wir uns auf Obst und Gemüse, das über der Erde wächst. Und wir versuchen, möglichst wenige Papierprodukte zu benutzen, denn dafür muss man Pflanzen töten.

Vieles in unserem uralten Wissen wird heute von den Wissenschaften bewiesen. Selbst die Erderwärmung wurde uns vorausgesagt. Unsere Welt wird nicht zugrunde gehen. Aber es kommen furchtbare Dinge auf uns zu. Das Wetter wird extrem werden, es wird vielleicht so heiß, dass wir nur noch unter der Erde leben können. Unser Glaube wird das überstehen. Aber ob und wie wir überleben, wird von uns Menschen abhängen, und wie wir unser Leben leben.

© SZ vom 12.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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