Die "Brandenburgischen Konzerte" für vierhändiges Klavier:J. S. Bach, von Max Reger bearbeitet

Lesezeit: 1 min

(Foto: audite)

Von Wolfgang Schreiber

Er wollte "den Widerspruch der trockenen Holzköpfe oder höflicher gesagt: der phantasiearmen Buchstabengelehrten herausfordern". Beispielsweise wenn er, der Komponist Max Reger, der diesen Satz von sich gab, Johann Sebastian Bach bearbeitete oder selbst spielte. Der für seine wunderlichen Grobheiten berühmte Reger pflegte in den frühen Jahren des noch spätromantischen 20. Jahrhunderts Bach auf der Orgel oder dem Klavier dergestalt zu vereinnahmen, dass die klassische "Fachwelt" aufschrie und solcherlei Operationen als sträflich subjektiv, genialisch frei und modern verurteilen musste.

Tatsächlich: Wenn die großen Meister kreativ genötigt aufeinanderprallen, selbst wenn ganze Epochen zwischen ihnen liegen, können die Funken der Fantasie und der Faszination stieben. So hat denn Max Reger, der Kollege Bach exzentrisch tief und virtuos bewunderte und ihn in seine moderne Klangwelt hineinlotste, den Pianisten bis heute Freude bereitet. Auch den Klavierpartnern Norie Takahashi und Björn Lehmann. Das 2009 in Berlin gegründete Klavierduo spielt Bachs berühmtesten Konzertzyklus: die sechs Brandenburgischen Konzerte, wie sie Reger 1904, während seines Urlaubs in Berg am Starnberger See, für Klavier zu vier Händen bearbeitet hat.

Regers Beherrschung des polyphonen barocken Stils in Bachs unerhörter Kunstfertigkeit ist enorm. Und seine Fähigkeit, das Geflecht tönender Linien durchsichtig zu machen, mitreißend. Dass die gleißende Klangfarbe zweier quicklebendiger Flöten im vierten Konzert ebenso fehlt wie der Trompetenglanz im zweiten, dass der tiefe samtene Streicherton im sechsten auf den Tasten einer Klaviermaschine erstirbt - für den Bearbeiter Reger zählte allein der strukturelle Durchblick durch die Klangtexturen, seine Lust, "die Bearbeitungen unserem ,modernen' dynamischen Gefühl näher zu rücken". So verbreiten solche überraschenden "Doppelklavierkonzerte" ihren eigenen Drive und Glanz.

Als monumentale Zugaben bietet das agile Pianistenpaar noch drei der größten Orgelwerke Johann Sebastian Bachs: die zumal von Orchestern zu Tode gerittene d-Moll-Toccata mit Fuge, das Wunderwerk des Passacaglia in c-Moll sowie Präludium und Fuge in Es-Dur.

© SZ vom 28.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: