Deutscher Alltag:Künstlich widerwillig

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Bundesländer mit Doppelnamen sind in aller Regel künstliche Gebilde. Der Vorschlag: Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg könnte man auch gleich zu einem ganzen Bundesland basteln. Die Politiker dafür hat man schon.

Kurt Kister

Rheinland-Pfalz oder Baden-Württemberg lassen einen an Leutheuser-Schnarrenberger oder Noelle-Neumann denken. Hier wie dort wurden zwei Länder oder zwei Menschen unter so vielen Bedenken miteinander verbunden, dass einer oder mehrere der Beteiligten das Gefühl hatte(n), man müsse trotz aller Gemeinsamkeiten auf ewig darauf hinweisen, dass sich zwei verschiedene Entitäten zusammengefügt haben.

Bastelte man im Südwesten ein einziges Bundesland, also Baden-Württemberg-Pfalz-Rheinsaarland, sparte man sich zwei Landesregierungen, und würde in Kurt Beck, ersatzweise auch der äußerlich bartlosen Julia Klöckner, und dem Grünen Winfried Kretschmann ein Machtduo haben, das phänotypisch wie phonetisch jene deutschen Region gut widerspiegelt. (Foto: dpa)

Länder mit Doppelnamen sind in aller Regel künstliche Gebilde und bleiben das auch. Über Menschen mit Doppelnamen könnte man ebenfalls viel sagen, lässt es aber, weil man nicht schon wieder so viele Leserbriefe beantworten möchte. Jedenfalls haben Menschen mit langen Doppelnamen das Problem, dass die Adressfelder von papierenen oder digitalen Formularen oft zu kurz sind.

An diesem Wochenende wird in zwei doppelnamigen Kunstländern gewählt. Es ist schon seltsam, dass Badener und Württemberger, also Schwaben einen gemeinsamen Landtag, gar einen einzigen Ministerpräsidenten haben sollen, weil sie sich eigentlich so wenig mögen wie etwa gegenwärtig die West- und die Ostlibyer. Bei den Rheinländern und den Pfälzern ist es nicht ganz so schlimm, was damit zu tun hat, dass die Pfälzer die Schwaben von Rheinland-Pfalz sind, während die Rheinländer eher an die Hanseaten Rumäniens erinnern.

Wozu die Demokratie in einem doppelnamigen Kunstland im schlimmsten Falle führt, zeigt Nordrhein-Westfalen. Auf Jürgen Rüttgers, eine Art Ole von Ypsilanti der CDU, folgte die rot-grüne Regierung, die demnächst versuchen wird, ihr Land gemeinsam mit Griechenland, Spanien und Portugal unter den EU-Rettungsschirm zu stellen.

Eigentlich wäre es gescheit und irgendwie auch schon wurscht, wenn man im Südwesten ein einziges Bundesland bastelte, also Baden-Württemberg-Pfalz-Rheinsaarland. Man sparte sich zwei Landesregierungen, und würde in Kurt Beck, ersatzweise auch der äußerlich bartlosen Julia Klöckner, und dem Grünen Winfried Kretschmann ein Machtduo haben, das phänotypisch wie phonetisch jene deutschen Region gut widerspiegelt.

Die Opposition wiederum müsste Birgit Homburger führen, die zum Führen zwar in der falschen Partei, dafür aber außerordentlich südwestdeutsch ist. Als Sachse oder Bayer fürchtet man diese schwäbischen Frauen, die einen, wenn man ihnen auf der Treppe begegnet, so anschauen, dass man sogleich sein Zimmer aufräumen und die Wäsche bügeln möchte. Aber vielleicht ist das nur eine Fehlinterpretation einfacher Gemüter aus Bundesländern mit einfachen Namen.

© SZ vom 26.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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