Deutsche Filme - Mangelware im Jahr 2004:Warten auf Lenins Kinder

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Das Populäre mit dem Ambitionierten zu mischen, das schien im vorigen Jahr der deutschen Kino-Produktion geglückt. Aber nun ist seit einiger Zeit kein neuer Posten auf der Erfolgsliste erschienen.

Fritz Göttler

Bei der Berlinale sind neue deutsche Erfolge kaum zu erwarten Der deutsche Film hat gehörig gepunktet im Jahr 2003, die Besucherzahl in den Kinos ging zwar drastisch zurück, um neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr, aber der Marktanteil des deutschen Films stieg auf stolze 17,5 Prozent.

Entscheidend für den Erfolg waren "Good Bye, Lenin!" von Wolfgang Becker und "Das Wunder von Bern" von Sönke Wortmann - zwei Filme, die auch ältere Zuschauer in die Kinos zurückholten in einer Phase, da im Zwanziger-Alter die Menschen die Lust auf den Kinobesuch schlagartig zu verlassen scheint.

Zum Kassenerfolg kam außerdem ein Oscar, für Caroline Links "Nirgendwo in Afrika" und die internationale Beachtung, die Margarethe von Trottas "Rosenstraße" für sich verbuchen konnte, als Beispiel eines politischen Kinos, das sich der deutschen Vergangenheit kritisch-melodramatisch widmet.

Dazu gab es erfreulich zahlreiche Verkäufe all dieser Filme an ausländische Verleiher - selbst in den USA laufen deutsche Filme nun regelmäßig, in Großstädten, versteht sich. Die breite Masse wird natürlich weiter von Hollywood bedient.

Das Populäre mit dem Ambitionierten zu mischen, das schien im vorigen Jahr der deutschen Produktion geglückt. Aber nun ist seit einiger Zeit kein neuer Posten auf der Erfolgsliste erschienen - so dass man mit Aufmerksamkeit auf die 54.Berliner Filmfestspiele schaut.

Lange standen sie auf Kriegsfuß, die deutschen Filmemacher und das große deutsche A-Filmfestival. Dann, 2002, kam Dieter Kosslick, der lange bei der Filmstiftung Nordrhein-Westfalen tätig war und sich auskennt in Sachen Filmproduktion und -förderung.

Er brachte vier Filme in seinen ersten Wettbewerb als Berlinale-Chef. Im Jahr darauf waren es noch drei, nun, im dritten Jahr, sind gerade mal zwei deutsche Filme vertreten: "Die Nacht singt ihre Lieder" von Romuald Karmakar und "Gegen die Wand" von Fatih Akin.

Das Kleine-Negerlein-Prinzip will Kosslick in dieser Entwicklung nicht sehen, es geht beim Wettbewerb eben vor allem um Qualität.

Und neben Berlin gibt es auch ein paar andere Festivals, die seit langem die Leistungsschau des deutschen Kinos pflegen, die Hofer Filmtage zum Beispiel oder das Max-Ophüls-Festival in Saarbrücken, das am vorigen Wochenende zu Ende ging.

Bei der Berlinale ist Deutschland zudem seit zwei Jahren stark vertreten in der Reihe "Perspektive Deutsches Kino", die vom Filmjournalisten Alfred Holighaus betreut wird - der dafür monatelang die kleinsten Produktionen und entlegensten Hochschulfilme sichtet.

In dieser Reihe findet sich das Wildeste, was das deutsche Kino zu bieten hat - und sie ist dementsprechend populär gewesen beim Berliner Publikum, von Anfang an, richtiger Kult.

Im Wettbewerb geht es dafür weiter um internationale Repräsentanz - aber auch um einen Vorsprung bei der Bewertung durch die Filmförderung. Das neue, Januar in Kraft getretene Filmförderungsgesetz vergibt Zusatzpunkte für Filme, die es in internationale Wettbewerbe schaffen - was beim Einspiel an den Kinokassen entlastet. Es wird also weiter gepunktet werden auf der Berlinale - spätere Überraschungen sind dennoch nicht ausgeschlossen.

Auch "Lenin" hat im Wettbewerb angefangen, und keiner hätte ihm damals diese Karriere vorausgesagt.

© SZ v. 05.02.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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