Der literarische Marktplatz:J. K. Rowling gibt Überlebenstipps

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Buch Cover J.K. Rowling Für Literarischen Marktplatz SZ/VP KIT 01 / ET 22.12. (Foto: oh)

Die Studenten in Harvard hatten von der berühmten Autorin etwas anderes erwartet als den Hinweis, dass Scheitern zum Leben gehört und Fantasie hilft, sich eine bessere Welt vorzustellen.

Von Roswitha Budeus-Budde

Ob sie einen Zauberspruch von J. K. Rowling in der Abschlussrede erwartet hatten, die Studenten in Harvard? Der ihnen ihre Wünsche auf einen lukrativen Job, ein gutes Auskommen und vielleicht sogar auf persönliches Glück erfüllen könnte? Schließlich wissen alle, dass die berühmte Autorin durch den Erfolg ihrer Harry-Potter-Bücher selbst von einer ziemlich armen Akademikerin zu einer der reichsten Frauen Großbritanniens geworden ist. Und sie hat ihre Zuhörer bei ihrer Laudatio nicht enttäuscht, wohl aber überrascht, mit ihrer Erkenntnis, welche Eigenschaften wichtig sind, um im Leben zu bestehen. Zauberkünste sind dazu nicht nötig. Von Beginn an spricht sie in der Laudatio mit großer Offenheit von ihren eigenen Erfahrungen, ihrem sehr wechselvollen Leben. Vom Erfolg war sie am Anfang ihrer Berufslaufbahn weit entfernt. Sie studierte nicht, wie die Eltern erhofft hatten, ein praktisches Fach mit Berufsaussichten, sondern Altphilologie. Aber eigentlich wollte sie immer nur schreiben, und sieben Jahre nach dem Examen, geschieden, mit einem kleinen Kind und arm, war sie krachend gescheitert. "Nach allen üblichen Normen war ich die größte Versagerin, die ich kannte. Doch dieses Scheitern war von elementarer Wichtigkeit, von großem Nutzen. Einfach deshalb weil mein Scheitern bedeutete, dass alles Unwichtige von mir abfiel. Ich hörte auf, mir einzubilden, eine andere zu sein als jene, die ich war und verwendete nun meine ganze Kraft darauf, das einzige Werk zu vollenden, das mir wichtig war." Nach Rowlings Erfahrung gehört das Scheitern zum Leben, und wenn man ängstlich ist, sich nichts zutraut, dann ist man eigentlich auch gescheitert. Denn nach Niederlagen wieder auf die Beine zu kommen, das hilft, auch in einem schwierigen Leben zu bestehen.

Dass das Leben auch grausam sein kann, erlebt sie während ihrer Arbeit für Amnesty International. Sie erfuhr damals über Schicksale von Gefangenen und Gefolterten, die ihr Albträume verursachten. Nun stellt sie an die Zuhörer die Frage, gibt es eine Hoffnung, gibt es die Möglichkeit, die Welt zum Besseren zu verändern? Als Antwort setzt sie auf die Macht der Fantasie. In ihren Augen ist sie die Kraft, sich in andere Menschen einzufühlen und so die Welt auch ohne Magie zu verändern. "Wir brauchen keine Magie, um unsere Welt zu verwandeln, wir tragen alle Kraft, die wir brauchen, bereits in uns, wir haben die Kraft, uns Besseres vorzustellen."

Aus dieser Rede, die J. K. Rowling 2008 in Harvard hielt, wurde jetzt ein schmales Buch, illustriert mit Kalligrafien und Grafiken, dessen Erlös in die charitative Organisation Lumos der Autorin geht. Ein Hilfswerk, dass verhindern will, Kinder in Heimen unterzubringen.

J. K. Rowling : Was wichtig ist. Vom Nutzen des Scheiterns und der Kraft der Fantasie. Mit Illustrationen von Joel Holland. Aus dem Englischen von Klaus Fritz. Carlsen Verlag, Hamburg 2017. 70 Seiten, 12,99 Euro.

© SZ vom 22.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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