DDR-Kunst gerettet:Mensch und Technik

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Einem monumentalen Mosaik von Josep Renau am Kultur- und Freizeitzentrum in Erfurt drohte beim Abriss die Zerstörung. Doch die 70000 Glasfliesen ließen sich wieder zusammensetzen.

Von Catrin Lorch

Kunst war in der DDR ja weniger eine Ware, die man auf Messen und in Galerien an Sammler verkaufte. Sie hatte ihren Ort vor allem im öffentlichen Raum: in Schulen, Versammlungsräumen oder an Fassaden. So auch in Erfurt, wo ein monumentales Mosaik des spanischen Künstlers Josep Renau die Fassade des Kultur- und Freizeitzentrums verkleidete. Gut sieben Meter hoch und mehr als dreißig Meter breit verknüpfte es Symbole wie zwei ausgestreckte Hände, Obst, einen Kristall und einen Zirkel in strahlenden Farben. "Die Beziehung des Menschen zur Natur und Technik" wurde in den Achtzigerjahren geschaffen, mehr als 70 000 Kacheln hatten die Handwerker verbraucht, um das Werk auszuführen. Der im Jahr 1907 in Valencia geborene Renau, der im Jahr 1937 noch den spanischen Pavillon auf der Weltausstellung in Paris organisiert hatte, musste schon zwei Jahre später vor den Faschisten fliehen. Über Frankreich reiste er nach Mexiko, um dem Todesurteil zu entgehen. Dort hatte sich Renau während seines Exils mit Monumentalbildern und den sogenannten Murales beschäftigt und beherrschte die Technik virtuos. Neben dem eigentlichen Entwurf für sein Erfurter Mosaik verbrachte er viel Zeit mit Perspektivstudien und Modellbauten, immerhin schlängelt sich das gewaltige Werk um die Ecke des Baus. Statt Keramik verwendete der ausgebildete Werbegrafiker und Illustrator Glas, weil es günstiger und haltbarer war. Renau starb dann noch vor Fertigstellung seines Großprojekts. Die Nachwendezeit hatte keinen Platz mehr für das Gebäude - und nur der Initiative von Denkmalpflegern und Anwohnern ist es zu verdanken, dass das Mosaik beim Abriss nicht verloren ging, sondern zersägt und in Überseecontainern eingelagert wurde. Jetzt ist das Haus fort. Aber das Kunstwerk steht - auf hohen Stelzen - wieder inmitten der Stadt. Nicht länger nur Fassade, sondern als eigenständiges, eigenartiges Werk.

© SZ vom 30.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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