Das ist schön:Flammenkultur

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Feurige Gedanken zum Spätsommer

Von Karl Forster

Wohl kaum ein Element zieht den Menschen mehr in Bann als das Feuer. Züngelnde Flammen, beißender Rauch, der Hitze Glut. Schon wenn man ein Zündholz entflammt, steckt Vorsicht in der Handhabung: Finger weg vom Schwefelkopf! Kein Wunder also, dass das Feuer in allen Genres kulturell künstlerischen Arbeitens eine große Rolle spielt. Ein paar Beispiele nur: literarisch bei Artom Wesjolys Antikriegsroman "Blut und Feuer" oder, ähnlich in der Stoßrichtung in "Das Feuer" von Henri Barbusse; in der Malerei William Turners Bild vom brennenden Westminster Palast oder die Feuerbilder von Otto Piene; erst recht gilt das für die Oper: die Feuerprobe in der "Zauberflöte", das Autodafé im "Don Carlos", oder das Lagerfeuer in dessen "Il Trovadore". "Am Anfang war das Feuer" ist ein Film, in dem die Kunst von dessen Entfachung Thema ist. Dass dabei ein Neandertaler von einem Mädchen, das zumindest in Form und Anmutung einem heutigen Playboy entsprungen scheint, die Vorteile der Missionarsstellung im Vergleich zur A-Tergo-Methode lernt, hat auch mit Feuer zu tun: mit dem der Liebe.

Im diesjährigen Sommer der Hitze, bei dem selbst das Grillen am Isarstrand oder auf dem Balkon keinen Spaß mehr machte, war jede Art von Lagerfeuer zurecht strengstens verboten. Nun aber, da der Herbst naht und damit manch kühler Abend, kommt wieder Lust auf an der kleinen Flamme. Wenn's sein muss inklusive "House Of The Rising Sun", "Kumbaya My Lord" oder sonst einem Schlager aus dem Kanon des Gitarrensingspiels. Und es war, zumindest bis vor Kurzem, eine Kunst, solch ein Feuer zu entfachen und dann, möglichst rauchfrei, am Brennen zu halten. Zwar musste man nicht mehr, wie in Jean-Jacques Arnauds Feuerfilm, die Methode des Glutbohrens anwenden, aber es war schon eine echte Männersache, das richtige Holz zu finden und so zu schichten, dass es loderte anstatt die Lagerfeuergesellschaft mit Rauch zu vergiften. Sache der Frau war es damals noch, dem Grillmeister das von ihr kunstvoll eingelegte Steak zu reichen. Das hat sich geändert.

Denn heute gibt es die "Fire Pit Power Bank" eines Start-up-Unternehmens in New York. Dazu heißt es: "Genießen Sie die Wärme, den Geruch, das Knistern und das Gefühl eines Holzlagerfeuers ohne jeglichen Rauch." Ein per USB-Stick (oder mit einem Solarmodul) aufladbares Motorensystem bläst dank einer patentierten Luftstromtechnologie Sauerstoff ins Flammenzentrum, steuerbar mit einer App per Handy, mit dem Effekt, dass der Grillmeister stolz das Wunderding erklärt, während seine Frau mit dem Handy und der App Feuer an/Feuer aus spielt, wozu der Luftstrommotor fröhlich summt.

"House Of The Rising Sun", "Kumbaya My Lord" oder sonst was singt hier allerdings keiner mehr. Und das ist das Schönste dran!

© SZ vom 01.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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