Das ist nicht schön:Schießarbeit

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Warum manches Wort einem den Spaß am Sport verdirbt

Von Karl Forster

Anfang März startet wieder einmal eine Weltmeisterschaft, anlässlich der es - auch wieder einmal - häusliche Konflikte geben könnte zwischen Femininum und Maskulinum. Weil Frau nicht verstehen kann, was da dran spannend sein soll, wenn Menschen auf Langlaufskiern mit Flinten überm Rücken durch tief verschneite Wälder oder - wie oft in diesem Winter herrlich grüne und Auen mit weißem Band darinnen - jagen, dann schwer atmend auf schwarze Kreise schießen und später von TV-Fachleuten so geistreichen Fragen ausgesetzt werden wie: "Was dachten Sie beim letzten Schuss?"

Womit wir bei der Auflösung der Frage: "Was ist das für ein Sport?" wären, nämlich Biathlon; und bei einer der hier oft gebrauchten Antworten, deren Wortwahl einem durch Mark und Bein geht. Es geht um "die Arbeit" beim Sport. "Ich habe", sagt die derzeit häufig unglücklich Biathletin Miriam Gössner dann gerne, "am Schießstand nicht so gut gearbeitet". Doch die Kombination Schießen und Arbeit, sie passt irgendwie nicht, es sei denn, man ist Soldat oder wenigstens Söldner. Beides passt wiederum nicht zu Miriam Gössner. Doch auch im Fußball, dem Sport mit den kühnsten Metaphernschleudern, heißt es gerade jetzt beim FC Bayern, man müsse in der Abwehr "besonders konsequent arbeiten". Arbeit und Sport? Ist man allzu sprachsensibel, wenn man das nicht verbinden mag?

Dann schon lieber so wie früher, als es nicht nur bei Otto Waalkes, sondern auch in manchem Live-Report hieß, Beckenbauer werde durch Schwarzenbeck von hinten gedeckt. Man mag sich das zwar nicht vorstellen. Doch war das Sport und Spiel. Ja, man rackerte, schuftete, schwitzte, egal ob auf dem Fußballplatz oder in der Loipe. Aber man nannte es nicht Arbeit. Arbeit ist nine to five , Arbeit ist steuerpflichtig, Arbeit ist, wenn man das tut, was einem aufgetragen wird. Arbeit ist auch, jemandem Arbeit aufzutragen. Und manchmal macht Arbeit sogar Spaß, aber das sagen wir nicht, sonst zieht man uns den Spaß-Koeffizienten vom Lohn ab. Miriam Gössner könnte ja sagen: "Es macht keinen Spaß, so oft danebenzuschießen." Und dann: "Daran muss ich noch arbeiten." So rum wäre es dann annähernd schön.

© SZ vom 20.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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