Nachruf:Die Wirklichkeit der Farben

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Chuck Close, 2014 bei einer Gala des Whitney Museums - noch bevor es im Zuge der "Me Too"-Debatte still um ihn wurde. (Foto: Charles Sykes/AP)

Zum Tod des bedeutenden Fotorealisten Chuck Close.

Von Catrin Lorch

Seine Formate waren gewaltig, die Dargestellten überlebensgroß - und nur aus der Ferne zu erkennen. Der im Jahr 1940 in Monroe im Bundesstaat Washington geborene Chuck Close, einer der bedeutendsten Fotorealisten der zeitgenössischen Kunst, hatte sich früh für diesen Stil entschieden, der anfangs noch als dezidiert unkünstlerisch galt. Er übertrug fotografierte Porträts mithilfe eines Rasters auf die Leinwand. "Mein Ziel ist es, fotografierte Informationen in Informationen der Farbe zu übersetzen", gab er im Jahr 1970 selbstbewusst zu Protokoll.

Chuck Close, dessen Mutter nach dem frühen Tod des Vaters die Familie mit Klavierstunden durchbrachte, fiel als Jugendlicher bei einem Talentwettbewerb auf und wurde an die Sommerakademie von Yale geladen. Nach dem Studium lebte er ein Jahr in Wien, bevor er sich in New York niederließ, wo schon im Jahr 1973 seine Gemälde erstmals im Museum of Modern Art gezeigt wurden. Er nahm in den Siebzigerjahren zweimal an der Documenta teil, seine Gemälde wurden von den bedeutendsten Museen der Welt angekauft.

Ein geplatztes Blutgefäß in der Wirbelsäule verursachte im Jahr 1988 eine Querschnittlähmung, Chuck Close war danach auf einen Rollstuhl angewiesen und entwickelte eine Methode, mithilfe von Schienen seinen linken Arm zu führen und weiterhin mit dem Pinsel zu arbeiten. Nachdem er im Jahr 2017 von mehreren Frauen der sexuellen Belästigung bezichtigt wurde, war es stiller um den Künstler geworden, der die Vorwürfe nicht bestritt: "Ich gebe zu, ein schmutziges Mundwerk zu haben, aber wir sind alle erwachsen", sagte er zur New York Times. "Es tut mir aufrichtig leid, wenn ich jemanden beschämt haben sollte oder er sich unwohl gefühlt hat", gab er zu, "aber Unbehagen ist auch kein schweres Vergehen". Chuck Close ist am vergangenen Mittwoch in einem Krankenhaus in New York nach langer Krankheit an Herzversagen gestorben.

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