Cellokonzert:Erfrischend

Lesezeit: 1 min

Das Duo Well & Schöch in der Allerheiligen-Hofkirche

Von Harald Eggebrecht, München

"Der schöne Ton" gilt manchen vor allem sich selbst wichtignehmenden Kennern als zufällige und eher zu vernachlässigende Qualität. Doch das Gegenteil ist der Fall: Ohne attraktiven, gar unverwechselbaren Ton werden alle Anstrengungen um Ausdruck, Botschaft und inneren Zusammenhalt eines Musikstücks mühsam und wenig überzeugend. Die Schönheit des Erklingenden sei der Köder, hat Sergiu Celibidache gesagt, sonst würden wir gar nicht zuhören, um dann vielleicht zu erfahren, dass Musik wahr sei.

Dass mit schönem Ton aber nicht schlackenlose, farbenarme, nur scheinperfekte Glätte gemeint ist, konnte man in der Allerheiligen-Hofkirche erleben, als die Cellistin Maria Well Robert Schumanns Adagio und Allegro so expressiv wie gesanglich mit einem Celloton erfüllte, dessen Körperlichkeit so durchgebildet ist, dass man gleichsam seine Nerven, Knochen, Muskeln und Sehnen wahrzunehmen meint. So entfaltete sich das Adagio in seiner ganzen weitgespannten Perspektive, erfrischte das Allegro stürmischer, gleichwohl ausbalancierter Schwung. Michael Schöch trug mit konstruktiver pianistischer Stabilität und Deutlichkeit entschieden dazu bei, dass auch Dmitri Schostakowitschs Sonate von 1934 so entstehen konnte, dass die vier Sätze unmissverständlich in ihrem jeweiligen Charakter dargestellt erklangen. Dass Maria Wells Cellospiel auch im heftig zupackenden, bewusst reißerischen Scherzo immer geschmeidig blieb, nie kraftmeierisch krachte oder unartikuliert tobte, zeigte, wie viele melodische Aspekte auch dieser wilde Satz hat.

Nach der Pause erblühte dann gewissermaßen die Celloversion von César Francks berühmter Violinsonate kantabel, zugleich energisch und leidenschaftlich, ohne falsche Forcierungen weder im Vibrato noch im Attackieren der Saiten. Zur auffallenden Elastizität und Klangschönheit von Wells Spiel gehören Charme und Geschmackssicherheit wie die Zugabe, Edward Elgars "Salut d'amour", sofort zeigte. Großer Beifall.

© SZ vom 18.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: