Buchmarkt:Kunst? Kommerz!

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Another splash in the pool: Warum dieses Jahr der britische Maler David Hockney die Frankfurter Buchmesse eröffnet.

Von Volker Breidecker

Es wird ja vor lauter Büchern gern vergessen, dass die Frankfurter Buchmesse immer auch eines der wirtschaftlich wichtigsten Treffen einer riesigen Branche ist. Der geschäftliche Teil wird gewöhnlich am Vortag der Eröffnung auf einer Pressekonferenz annonciert. Damit es dabei aber nicht nur um nackte Zahlen, die jüngsten Entwicklungen und rasantesten Neuerungen der Buch- und Non-Book-Branche geht, wurde die ungebrochene Zuständigkeit der Messe für Bücher, Autoren und Ideen traditionell durch die Ansprache eines international angesehenen Verlegers oder Schriftstellers bekräftigt. Die feierliche Eröffnung der Messe selbst findet dann stets in einem viel größeren Rahmen mit Reden von Honoratioren, Staatsmännern und den literarischen wie politischen Vertretern des jeweiligen Ehrengastlandes statt.

Schon im vergangenen Jahr aber geriet alles etwas durcheinander. Salman Rushdies große Rede zur Verteidigung der Freiheit des Wortes konnte aus Gründen der Sicherheit nur im geschlossenen, streng bewachten Rahmen der Eröffnungs-Pressekonferenz gehalten werden, schließlich schwebt weiterhin eine Fatwa über dem Autor. Von Ziffern und anderem Branchentalk wollte nach dieser Rede keiner der Anwesenden mehr etwas hören.

In diesem Jahr nun lässt die Messe dem Literaturnobelpreisträger in dem 79-jährigen Maler David Hockney einen ebenso bedeutenden Künstler als "Hauptredner" der Eröffnungs-Pressekonferenz folgen. Diesmal verbindet sich damit aber kein politisches und ideelles, sondern ein geschäftliches Interesse: Mit David Hockneys Auftritt soll nach dem Willen von Messedirektor Juergen Boos nicht nur ein neuer Themenschwerpunkt Kunst, sondern auch ein neues Geschäftsmodell präsentiert werden: "The Arts+" heißt das neue Label, unter dem in Halle 4.1., dem Stammsitz der Kunstverlage, laut Pressetext ein einzigartiger "Handelsplatz für kreative Inhalte" entstehen soll. Es geht dabei anscheinend um eine Fusion von Kunst, Kommerz, Lifestyle und Neuen Medien.

Lang ist die Liste der Paten und Geschäftspartner, die das neue kunstindustrielle Produkt aus der Taufe heben werden. Darunter ist auch der Taschen Verlag, der nach zweijähriger Abstinenz in diesem Herbst wieder mit einem eigenen Messestand aufwarten wird. Wie auf einem nachtridentinischen Hochaltar soll dort nur ein Objekt präsentiert werden: Aus Hockneys Künstlerwerkstatt kommt ein bislang als verlegerisches Staatsgeheimnis gehütetes Coffee-Table-UFO, ein mehrere Kilo schweres, rund 500 Seiten starkes, "A Bigger Book" betiteltes Objekt im XXXL-Format und in der limitierten Auflage einer kostbaren Sammleredition: Another splash in the pool.

© SZ vom 07.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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