Buchbranche:Alarmzeichen

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Der legendäre Stroemfeld-Verleger KD Wolff. (Foto: dpa)

Der Frankfurter Stroemfeld Verlag beantragt Insolvenz. In der Buchbranche mehren sich die Krisensymptome.

Von Jens Bisky

Das wird eine traurige Buchmesse in diesem Oktober - oder doch eine in sehr verhaltener Stimmung. Manches, was selbstverständlich zu sein schien, wird fehlen. Die Holtzbrinck-Verlage S. Fischer und Rowohlt verzichten auf ihre Feste; den Stand des Stroemfeld Verlags wird man vergeblich suchen. In dieser Woche hat Stroemfeld Insolvenz beantragt. Der Frankfurter Verlag war seit seiner Gründung 1970 mit wechselnden Namen und Gesellschaftsformen einer der interessantesten der Republik. Nach den Anfängen mit radikalen politischen Schriften erschienen hier neben den Büchern von Klaus Theweleit, später auch Peter Kurzeck, gleichfalls radikal konzipierte historisch-kritische Ausgaben, die das Verständnis von Edieren, Lesen, von Werk und Autor veränderten. Es begann mit Friedrich Hölderlin, später folgten Heinrich von Kleist, Georg Trakl und andere. Mit Faksimiles und ohne standardisierende Eingriffe wurden der Prozess des Schreibens und die Stufen der Überlieferung dokumentiert. Noch nicht abgeschlossen ist die Kafka-Ausgabe. Mindestes sieben Bände, so der Verleger KD Wolff im Gespräch mit der SZ, müssten noch herauskommen.

Die großen Projekte waren immer knapp kalkuliert, brauchten Förderer und Subskribenten. Da die deutschen Universitätsbibliotheken sehr viel weniger erwerben und zugleich Rückerstattungen an die VG Wort anfielen, geriet Stroemfeld - wie andere kleine, aber auch größere wissenschaftliche Verlage - unter Druck. Die Stroemfeld Verlag AG Basel ist vom Insolvenzantrag derzeit nicht betroffen, aber ohne Fördergelder, so KD Wolff, werde sich die in Basel erscheinende Robert-Walser-Ausgabe nicht mehr lange fortsetzen lassen. Wie es weitergeht, ist ungewiss, hängt vom Fortgang des Insolvenzverfahrens ab.

Ende August meldete der Tübinger Verlag Klöpfer & Meyer, er werde das Frühjahrsprogramm 2019 aussetzen. Die Kulturwissenschaftler Hermann Bausinger und Thomas Knubben sehen darin ein "ernstes Alarmzeichen" neben anderen wie der schwindenden Zahl der Buchkäufer. In einem Tübinger Memorandum "Wider das Sterben der Verlage, für Diversität der Literatur und Buchkultur" schlagen sie eine strukturelle Verlagsförderung vor. Der von der Kulturstaatsministerin Monika Grütters angekündigte Preis für herausragende Verlage und das Bekenntnis zur Buchpreisbindung reichten nicht aus. Es brauche koordinierte Aktivitäten der Länder. Man solle sich dabei an der Verlagsförderung in Österreich und der Schweiz orientieren. Vernünftige Förderung bedürfe einer "ausreichenden Datenbasis und -analyse". Ein gründlicher Bericht über die Lage und zu erwartende Entwicklungen müsse her. Allerdings seien "die Probleme der Verlage zu drängend, als dass sie auf die Ergebnisse eines Gutachtens oder einer Kommission warten könnten". Bausinger und Knubben fordern daher schnelle Interventionen. Darüber wäre auf der Messe in Frankfurt zu streiten.

© SZ vom 08.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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