Buch und App:Mit allen Sinnen hinein ins Chaos

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Volker Präkelt, Yayo Kawamura: Mein Atlas. Carlsen 2015. 16 Seiten, 19,99 Euro. (Foto: N/A)

"Mein Atlas" wird durch die App "YeLo!" besonders anschaulich. Er macht neugierig auf die Welt, weil die App viele Hintergrundinformationen und spielerische Anleitungen gibt.

Von Stefan Fischer

Die Idee eines Atlas ist es gemeinhin, Ordnung zu schaffen. Auch wenn sie noch so willkürlich ist: Denn was sagt die Unterteilung der globalen Landmasse in rund 200 Staaten schon aus über die Erde? Da ist der Ansatz des Autors Volker Präkelt und der Grafikerin Yayo Kawamura aufrichtiger und damit deutlich sympathischer, denn sie spiegeln in Mein Atlas das Chaos der Welt wider. Entsprechend ist ihr Pappbuch-Kinderatlas eine wimmelige, wuselige Angelegenheit. Die neugierig macht. Weil die Annäherung an einzelne Regionen, Sehenswürdigkeiten und Lebensstile nicht einer lexikalischen Logik folgt, sondern den Spieltrieb reizt. Vor allem, wenn man die App LeYo benutzt.

Der Carlsen Verlag stellt sie kostenfrei zur Verfügung, wer sie auf sein Tablet oder Smartphone lädt, bekommt für viele Titel des Verlags einen digitalen Mehrwert. Dass man sich im Fall von Mein Atlas mit LeYo mitunter auch verliert in den Weiten der Welt, dass vieles zugleich auf einen einprasselt oder man das eine oder andere Ziel auf Anhieb nicht erreicht, wird nur die Ungeduldigen stören. So ist das eben, wenn man reist, in der Realität ebenso wie in diesem Atlas. Damit soll keineswegs eine mangelhaft funktionierende App schöngeredet werden. Vielmehr braucht es eben eine ruhige Hand, damit die Handykamera über einer aufgeblätterten Seite auch wirklich einfangen kann, was im Buch selbst noch nicht zu Tage tritt. Die App erfordert es, eine gewisse Routine zu entwickeln in der Erforschung der Welt; ganz so, wie es einem auch als Reisendem widerfährt.

Vier Funktionen hat die App: Ein Notensymbol aktiviert Geräusche - Tierlaute, Wellenrauschen, Musik, je nachdem, wo man sich gerade befindet. Der Nutzer kann einem Erzähler zuhören, der die knapp gehaltenen Sachinformationen der Buchseiten ergänzt um weitere Fakten. Der Durchblickmodus zeigt einem Verborgenes oder Verschwundenes. In Europa etwa kann man auf diese Weise zu den prähistorischen Höhlenzeichnungen von Lascaux vordringen oder sich die Berliner Mauer in Erinnerung rufen. Und schließlich enthält die App noch kleine Suchspiele. Mein Atlas lädt dazu ein, sich treiben zu lassen - auch auf diesem Weg wird das Chaos überschaubar. Es ist sogar der spannendere Weg.

© SZ vom 21.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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