British Museum:Wilde überrascht

Lesezeit: 1 min

Der Deutsche Hartwig Fischer soll neuer Direktor des British Museum in London werden. Dort sieht man das recht gelassen. Eigentlich ist es ja sogar ein schönes Gegengewicht zum aktuellen VW-Skandal.

Von Alexander Menden

Noch ist alles inoffiziell, Premierminister David Cameron muss erst seine Zustimmung erteilen. Aber schon vorigen Freitag sickerte durch, dass der deutsche Kunsthistoriker Hartwig Fischer nächster Direktor des British Museum werden wird. Er wäre, nach Martin Roth am Victoria & Albert Museum und Christoph Vogtherr an der Wallace Collection, der dritte Deutsche, der ein bedeutendes Londoner Museum leitet.

Aus der Londoner Museumsszene möchte sich noch niemand offiziell äußern. Aber die Überraschung scheint sich, vor allem verglichen mit der Reaktion auf die Bestallung Roths vor vier Jahren, in Grenzen zu halten. Damals war viel von der Enttäuschung der britischen Kandidaten die Rede. Heute findet der Direktor eines anderen Londoner Museums einfach, das sei doch ein schönes Gegengewicht zum VW-Skandal. Und ein Kurator von einem der kleineren Londoner Museen sagt: "Sie werden sich genau umgesehen haben und zu dem Schluss gekommen sein, dass er der beste Mann für die anstehenden Aufgaben ist. Es gibt keinen zwingenden Grund, einen Briten zu holen, auch wenn 'britisch' im Namen des Museums steht."

Der Guardian sieht die Berufung uneingeschränkt positiv. Das British Museum sei ein "wahrhaft globales Museum", ein Ausländer an seiner Spitze mithin völlig folgerichtig, findet der Kritiker Jonathan Jones. Fischer scheine zudem "ein Ästhet" zu sein. Das gebe zur Hoffnung Anlass, dass er die Kuratoren des Hauses dazu motivieren werde, Ausstellungen mit "Stil und Fantasie" zu gestalten und damit die Besucher aus der ganzen Welt anzusprechen.

Jene, die nach dem unrühmlichen Abgang von Penelope Curtis als Tate-Britain-Direktorin gerne wieder eine Frau an der Spitze eines großen Londoner Hauses gesehen hätten, sind allerdings enttäuscht. Obwohl die Antikenexpertin Edith Hall oder Deborah Swallow, Direktorin des Courtauld Institute of Art, sowie Sheena Wagstaff vom New Yorker Metropolitan Museum of Art geeignete (britische) Kandidatinnen gewesen wären, muss man sich nun weiterhin gedulden, bis die Londoner Museums-Männerriege wieder etwas aufgelockert wird.

© SZ vom 28.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: