Biografie:Wer, wenn nicht wir

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70 Frauenbiografien, vom Mittelalter bis heute, die Mut machen, sich in der männerdominierten Welt durchzusetzen. Umgewöhnliche Gestaltung und mit viel Power für Frauen jeden Alters erzählt.

Von Roswitha Budeus-Budde

"Freiheit bedeutet, dass man nicht unbedingt alles so machen muss wie andere Menschen", dieses Zitat von Astrid Lindgren könnte als Motto über dem Leben der 70 Frauen stehen, die Petra Bachmann in ihrem Band "Frauenpower. Made in Europa. Große europäische Frauen im Porträt" gestaltet von Inka Vigh, vorstellt. Damit unterscheidet sie sich von den zahlreichen Biografiebänden, die verstärkt durch die "Me Too"-Debatte in einer Frauenbuchwelle in allen großen Jugendbuchverlagen erscheinen. Denn Vorbild sein bedeutet hier nicht unbedingt, moralisch zu leben oder dem Einsatz für die Gesellschaft das Leben zu widmen. Im Mittelpunkt steht hier der Kampf um die eigenen Ideale und Ideen. Welche Kräfte es kostet, und wie es gelingen kann, sich in der seit Jahrhunderten frauenfeindlichen Gesellschaft durchzusetzen.

Das Layout der Doppelseiten setzt auf diese literarische Strategie. In kurzen, knappen Informationen wird das Wesentliche ohne essayistische Ausschmückungen in den Vordergrund gerückt. Jede Biografie beginnt mit einer knappen Zusammenfassung des Lebens, um dann in kurzen Beiträgen die Charaktere der Porträtierten hervorzuheben, ergänzt durch Fotos und die wichtigsten Lebensdaten.

Angeführt von Hildegard von Bingen, "Visionärin, Theologin, Schriftstellerin, Komponistin und Naturkundlerin", beginnt ein chronologischer Gang durch die europäische Geschichte, die hier zur Frauengeschichte wird. Mit Dorothea Christiane Erxleben, die im 18. Jahrhundert als erste Ärztin eine Praxis führt und nach Anfeindung der örtlichen Kollegen ohne Studium promovierte, werden in den nächsten Jahrhunderten Frauen der Wissenschaft, wie Marie Curie, Lise Meitner, und Ada Lovelace vorgestellt. Ihnen folgen die Autorinnen Virginia Woolf und Beatrix Potter. Die Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts aus Politik und Kunst und Sport, sind oft so bekannt wie die jungen Frauen von heute. Besonders fallen die Sinnsprüche in den Texten auf - aber ohne die traditionelle Erbauung -, wenn Jane Austin rät: "Gerade eine Frau, sollte sie das Unglück haben, nicht ganz dumm zu sein, tut gut daran, dies auch nach Kräften zu verschleiern." Marlene Dietrich: "Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, würde ich die gleichen Fehler machen. Aber ein bisschen früher, damit ich mehr davon habe." Wie aktuell klingt der Schlachtruf der Jeanne d'Arc: "Wer, wenn nicht wir? Wann, wenn nicht jetzt?

Petra Bachmann : Frauenpower. Made in Europe. Illustration und Gestaltung Inka Vigh. ArsEdition, München 2019. 112 Seiten, 16 Euro.

© SZ vom 26.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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