Biografie:Der lange Marsch

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China unter Mao Zedong. Seine Geschichte wird faktenreich, aber ohne kritische Stellungsnahme erzählt. Leider fehlen Geschichten oder Anekdoten, die ihn für Jugendliche lebendig machen. vieles ist zu trocken.

Von Petra Steinberger

Mao - den kennen die Älteren unter uns. Aber sagt der Name auch unseren Jugendlichen etwas? War das ein Chinese, der eine Revolution in China gemacht hat? Oder: einen Langen Marsch?

Mindestens 1,3 Milliarden Menschen wohnen in China. Sie wollen alle dasselbe wie wir: Geld, Glück, Kinder. Nun, China ist anders als Europa. Aber alle Kinder wollen in ihrem Leben irgendetwas werden - und vielleicht verändern. Genau das erzählt das Leben von Mao Zedong. Niemand hat die Geschichte Chinas so bestimmt in den vergangenen 100 Jahren wie er. Im Guten wie im Bösen.

China hat eine sehr gewalttätige, brutale Geschichte. Eines Tages wollte ein Bauernjunge (geboren am 26. Dezember 1894) mehr als nur auf dem Dorf leben. Er fand Förderer und gute Lehrer, die etwas in ihm entdeckten: Willensstärke, Wissbegierde, vielleicht Machthunger. Damals, um die Wende zum 20. Jahrhundert, war China noch das Land der langen Zöpfe (für die Männer) und der eingebundenen Füße (für die Frauen). Damals bestimmten raffgierige Großgrundbesitzer, was die Bauern zu tun hatten. Aber der junge Mao wollte das ändern, er führte die Revolution an, kämpfte viele Jahrzehnte. Und opferte viel: Seine Frau wurde getötet, viele seiner Kinder musste er aufgeben, viele seiner Freunde starben. Aber sein Ziel war immer nur: China muss sich befreien. Er hat viel getan. Viel Gutes? So klingt das in dieser Biografie von Charlotte Kerner, sie sieht ihn vielleicht zu positiv. Sicherlich war er ein Machtmensch. Aber verstehen das die Kids, die dieses Buch lesen?

Mao hat viel falsch gemacht. Im sogenannten Großen Sprung (ab 1958) starben fast 60 Millionen Menschen an Hunger. Das kommt kaum vor im Text. Und später, in der Kulturrevolution (ab 1966), wurde sehr viel von Chinas Kulturschätzen zerstört - und sehr viele kluge Menschen getötet. Jugendliche wurden auf das Land geschickt, um dort zu arbeiten. Sie erhielten nie eine Gelegenheit zur Ausbildung. Heute heißen sie: "Verlorene Generation".

Mao war sicherlich ein besonderer Mann. Dennoch: Diese Biografie hätte mehr aus seiner Geschichte machen können, vor allem, weil es ein Buch für Jugendliche sein soll. Es fehlt an Geschichten, Anekdoten, Bildern. Und es fehlt an Einordnung. Warum machte Mao das, was er tat? Warum ließ er seine Kinder zurück? Warum wurde er so hart und brutal gegen Ende seines Lebens? Warum ließ er die Frauen in seinem Leben so sehr bestimmen? Erst gegen Schluss des Buches wird etwas mehr hinterfragt. Gut so, aber viel zu spät. Lange Strecken klingen mehr wie ein Lexikon-Eintrag, der nicht unbedingt für Jugendliche geschrieben wurde. Schade: Denn es ist offensichtlich, dass die Autorin vieles weiß. Genau das hätten wir gerne erfahren.

Charlotte Kerner : Rote Sonne. Roter Tiger. Rebell und Tyrann. Die Lebensgeschichte des Mao Zedong. Beltz & Gelberg 2015. 314 Seiten, 18, 90 Euro.

© SZ vom 30.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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