Britta Teckentrup ist eine ungewöhnliche Künstlerin und obendrein äußerst produktiv. Pro Jahr gestaltet sie acht bis zehn Bilderbücher aus den verschiedensten Bereichen - vom Pappbilderbuch bis zum Sachbuch. Wie kann es sein, dass dennoch fast alle Illustrationen in großer künstlerischer Qualität und Kreativität gelingen? Dabei sind sie trotz ihrer Vielfalt vollkommen unverwechselbar. In einem Interview erzählt die Illustratorin, wie diese Bilder entstehen. Für ihren Malstil, der wie kunstfertige Spritztechnik auf Karton aussieht, verwendet sie eine Mischung aus handgemachten Collagen. Zuerst herrsche ein Chaos mit ganz vielen Monotypien und ganz viel bedrucktem Papier, sagt sie, dann schneide sie die Formen aus wie zum Beispiel Bäume und Figuren, die dann eingescannt und weiter bearbeitet würden.
Von ihren vier Neuerscheinungen in diesem Frühjahr fällt ein Sachbuch ganz besonders auf: "Das Ei". Die zarten großflächigen Illustrationen bestechen durch ihre Einfachheit, ihre Dynamik und ihre künstlerische Gestaltung. Die Illustratorin ist hier auch für den Text verantwortlich und hat spannende naturwissenschaftliche Informationen zu Farben und Formen, zu Vögeln und Nestern, zur Mythologie und zur kulturellen Bedeutung der Eier gesammelt. Woraus bestehen Eier eigentlich, und wie sieht ihr Innenleben aus? Wer legt eigentlich Eier? Nur Vögel, Hühner und Gänse? Seite für Seite geraten wir mehr darüber ins Staunen, wie verschieden Eier aussehen können, wie sehr sich auch ihre Menge bei den verschiedenen Tieren unterscheidet - man denke nur an ein Straußenei im Vergleich zu Tausenden von Frosch- oder Fischeiern! Dabei werden alle Eier in ihrer Originalgröße abgebildet. Sehr beeindruckend!
Zum Schluss nimmt uns die Autorin noch zu einem Rundgang durch die Kunst- und Kulturgeschichte des Eis mit. Das Kapitel "Das Ei in Kunst, Religion und Mythologie" führt uns zu den alten Märchen und Sagen - zum Beispiel, wie Zeus als Schwan Leda, die Königin von Sparta, verführt - oder zu alten Traditionen und Bräuchen bis hin zur Feier des Osterfestes. Zuletzt sehen wir kostbare Eierverzierungen und lernen die teuersten Ostereier der Welt kennen, die Fabergé-Eier. Besonders in diesen Kapiteln wirken die Illustrationen wie eigene kleine Kunstwerke, die durch starken Ausdruck, warme Farben in zarten Brauntönen und kunstvolle Perspektiven bestechen. Da verwundert es nicht, dass dieses Sachbuch nicht in einem Kinderbuchverlag, sondern in einem Kunstverlag erschienen ist. Die Wahl des Papiers, die Gestaltung und nicht zuletzt die Gesamtaufmachung zeigen den hohen Anspruch des Verlages an editorische Qualität und Sorgfalt, die es erst ermöglichen, den Illustrationen gerecht zu werden. (ab 10 Jahre)
Britta Teckentrup: Das Ei. Prestel Verlag, München 2017. 96 Seiten, 19,99 Euro.