Bilderbuch:Machen wir kurz Pause

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Illustration aus André Bouchard: Achtung Woohoooolf! (Foto: Verlag)

Wirklich anstrengend diese Nachtarbeit für Monster, wenn auch noch der böse Wolf aus Rotkäppchen mitmischt.

Von Laura Weissmüller

Werden Monster müde? Aber ja! Das zeigt dieses herrliche Bilderbuch des Franzosen André Bouchard. Da hängen die Augenlider so tief, dass es den gefederten und mit allerhand Krallen und Hörnern ausgestatteten Gesellen schwerfällt, überhaupt noch etwas zu sehen. Ihre Knie biegen sich gewaltig, so mühsam halten sie sich auf den Beinen, und von Augenringen mag man gar nicht sprechen, so weit ragt das, was sich da unter ihren gelbunterlaufenen Pupillen abzeichnet, nach unten. Was den struppigen Wolf, das moosgrüne Riesenungeheuer, das mit wechselnder Gemütslage wie ein Chamäleon seine Farbe verändern kann, und das kleine Krallenuntier so ausgelaugt hat? Ein kleines Mädchen, besser gesagt: der unerschütterlich feste Schlaf, den es hat.

Denn die drei Monster sind angetreten, um das Mädchen gehörig zu erschrecken. Sie brüllen, jaulen und grölen, was ihre Lungen hergeben, allein es hilft alles nichts: "Die Kleine hält sich wohl für Dornröschen!", empört sich der Wolf, dessen Augenlider sich schon bedenklich blau gefärbt haben. Der Versuch, das Mädchen um den Schlaf zu bringen, ist anstrengend.

Nicht einmal das Angebot des Albs der Großmutter, der aus dem Nachbarzimmer seinem "Kollegen" zur Hand gehen will und gar fürchterliche Töne aus seinem Riesenmaul spuckt, hilft. Die Kleine schlummert unter ihrer rosa Daunendecke einfach weiter, so unbekümmert, wie es sich Eltern nur wünschen können. Von Angst vor nächtlichen Gästen keine Spur. Wobei: Irgendwann ist es doch mit der Nachruhe vorbei. Dann nämlich, wenn sich die Monster vor lauter Müdigkeit geschlagen geben und selbst zu Boden sinken. Ihr Schlaf wird begleitet von Lauten, die viel furchterregender sind als alles, was sie vorher von sich gaben. Sie schnarchen.

Was dann dem kleinen Mädchen und seiner Großmutter einfällt, um die Plagegeister loszuwerden und welche überraschenden Wendungen die Geschichte von Seite zu Seite noch nimmt, das sei hier nicht verraten. Nur so viel: Der Autor und Illustrator Bouchard, der eigentlich Werbefachmann ist, zeichnet seine übernächtigten Monster mit so viel Hingabe, das man nicht weiß, wen man als Erstes ins Herz schließen soll. Das erinnert ein wenig an das legendäre Bilderbuch Wo die wilden Kerle wohnen von Maurice Sendak. Auch wenn Achtung, Woohoooolf!" nicht an Sendaks Meisterwerk heranreicht, ist André Bouchard doch eine herzzerreißende Liebeserklärung an die Wesen gelungen, die uns den Schlaf rauben. Leicht haben sie es mit uns nämlich nicht. (ab 4 Jahre)

André Bouchard : Achtung, Woohoooolf! Aus dem Französischen von Tobias Scheffel. Knesebeck 2015. 34 Seiten, 12,95 Euro.

© SZ vom 27.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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