Autor von "Empört Euch!":Stéphane Hessel ist tot

Lesezeit: 1 min

Verstarb im Alter von 95 Jahren: Autor Stéphane Hessel. (Foto: AFP)

Er war KZ-Überlebender, Diplomat und scharfer Kritiker der kapitalistischen Finanzwirtschaft, nun ist der Schriftsteller Stéphane Hessel verstorben. Der gebürtige Berliner wurde 95 Jahre alt.

Der Autor der Streitschrift "Empört Euch!", Stéphane Hessel, ist tot. Der Autor des globalisierungskritischen Bestsellers "Empört Euch!" ("Indignez-vous!") starb in der Nacht zum Mittwoch, wie seine Frau Christiane Hessel-Chabry der französischen Nachrichtenagentur AFP bestätigte. Der Schriftsteller wurde 95 Jahre alt.

Mit der im Oktober 2010 veröffentlichten Streitschrift "Empört Euch" hatte Hessel im hohen Alter noch einen Sensationserfolg gefeiert. Das schmale Protestbuch des ehemaligen Résistancekämpfers erreichte eine Millionenauflage und wurde weltweit zu einer Art Bibel von Globalisierungsgegnern und Anhängern der Occupy-Bewegung. In 35 Ländern wurden mehr als 4,5 Millionen Exemplare der Schrift verkauft.

Bis ins hohe Alter setzte sich Hessel für die Menschenrechte ein, für Migranten und Illegale sowie für den Frieden im Nahen Osten. Der 1917 in Berlin geborene Sohn aus einer jüdischen Familie, die später zum Protestantismus konvertierte, war im Alter von acht Jahren nach Frankreich gekommen und hatte 1937 die französische Staatsbürgerschaft angenommen. Er kämpfte im französischen Widerstand gegen die Nazis, wurde verhaftet und 1944 in das KZ-Buchenwald deportiert. Kurz vor Kriegsende konnte er auf dem Transport nach Bergen-Belsen flüchten und schloss sich US-Truppen an.

Hessels Mutter, Helen Grund, stand für den bekannten Film "Jules und Jim" des französischen Regisseurs François Truffaut Modell. Es geht darin um die Geschichte einer Frau, die von zwei Freunden geliebt wird. Sein Vater übersetzte zusammen mit dem Philosophen Walter Benjamin französische Autoren ins Deutsche.

Bis ins hohe Alter politisch aktiv

Nach Kriegsende im Mai 1945 begann Hessel eine Karriere als Diplomat bei den Vereinten Nationen. Er war an der Ausarbeitung der UN-Menschenrechtscharta beteiligt und zog sich den Zorn jüdischer Organisationen wegen seiner Unterstützung der Palästinenser zu. Der französische Präsident François Mitterrand machte ihn 1981 zum Ehren-Diplomaten Frankreichs. Im Jahr 2006 wurde er in die französische Ehrenlegion aufgenommen. Bis kurz vor seinem Tod mischte er noch politisch mit, unterstützte im französischen Wahlkampf 2012 den sozialistischen Präsidentschaftskandidaten François Hollande.

Der Präsident des Europaparlamentes, Martin Schulz, würdigte Hessel als "großen Europäer". "Er wird uns sehr fehlen", schrieb er bei Twitter. Er habe sich durch "einen Kämpfer- und Freiheitsgeist" ausgezeichnet. Die Lebensgefährtin von Präsident Hollande, Valérie Trierweiler, würdigte ebenfalls per Twitter das "außergewöhnliche Leben" Hessels. Vertreter von Grünen und Zentrum in Frankreich dankten dem überzeugten Europäer für seinen lebenslangen Einsatz.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/mkoh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: