Ausstellung:Traumszenen

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Wilde Tiere, fotografisch verfremdet: Katrin Loy schafft Bilder von "emotionalen und mentalen Vorgängen". (Foto: Katrin Loy)

Meditative Architekturbetrachtung und Annäherungen an das Archaische: Die Autoren-Galerie 1 in Schwabing zeigt Fotografien von Jürgen Heckelmann und Katrin Loy

Von Jürgen Moises

"Wisdom and knowledge shall be the stability of thy times" steht als Text ganz unten über dem Gebäudeeingang, wo außerdem, aus Kalk und Glas, der griechische Gott Zeus thront. Man könnte das übersetzen mit: "Weisheit und Erkenntnis sollen dir in deiner Zeit ein Halt sein." Und ein sicherer Halt kann auch nicht schaden, wenn man sich die Fotografie des Wolkenkratzers ansieht, die Jürgen Heckelmann gemacht hat. Er hat das auch als "30 Rock" bekannte "Comcast Building", das als Teil des Rockefeller Centers in New York steht, von der Straße aus mit Blick nach oben abgelichtet. Was eine schwindelig machende Perspektive zur Folge hat. Das heißt, man fühlt sich klein und unsicher, so mit dem Blick auf Zeus, den Himmel und die dahinter liegende Unendlichkeit.

"Stability of Time" heißt das Bild von Jürgen Heckelmann. Es ist zusammen mit weiteren Arbeiten des Münchner Fotografen unter dem Titel "Photographische Dimensionen und Tiefen der Architektur II" in einer Doppelausstellung in der Autoren-Galerie 1 zu sehen. Die meisten der Schwarz-Weiß-Bilder sind in New York entstanden. Sie haben wie etwa "Oculus" oder Above Us" die Monumentalität der großstädtischen Architektur im Blick und bringen diese genauso wie bestimmte Formprinzipien wie Symmetrie durch spezielle Perspektiven eindringlich zum Ausdruck. Weitere Bilder stammen aus Lissabon und Barcelona, wie etwa "The Walk", auf dem Heckelmann die Nachtstimmung in den Gassen von Barcelona eingefangen hat.

Menschen sieht man auf den Bildern so gut wie keine, und wenn, dann nur ganz klein im Hintergrund oder aufgrund von Langzeitbelichtungen verschwommen. Wie etwa die Figur auf der Treppe auf "The Dancer". Ein Bild, das eine Unterführung im New Yorker Central Park zeigt, aufgrund der Lichtstimmung und Geisterfigur aber auch etwas von einer Traumszenerie hat. Womit wir bei "Traumfragmente II" wären, der Parallelausstellung von Katrin Loy, die ebenfalls Schwarz-Weiß-Fotografien präsentiert. Wie es der Titel sagt, hat die in München lebende Absolventin der Kunstakademie Düsseldorf tatsächlich Traumbilder geschaffen, das heißt: Bilder von "emotionalen und mentalen Vorgängen", auf denen sich "Utopisches und Archaisches" mischt.

Man sieht wilde Tiere wie Krokodile, Hirsche, Wölfe oder Schlangen, die durch besondere Filter oder andere Mittel verfremdet oder in Naturlandschaften hinein montiert sind. Oder eine Tänzerin, die im Wasser oder als Überblendung vor einem Gesicht schwebt. Das hat dort, wo die Motive fragmentarisch, abstrakt und stark verfremdet sind, seinen optischen Reiz. Wenn aber nur weiße Pferde durch das Wasser reiten oder zwei Motive "surreal" übereinander geblendet sind, dann sind das Motive und Effekte, die nicht wie behauptet "visionär" wirken. Sondern die einem im Gegenteil allzu vertraut erscheinen, weil man sie so oder so ähnlich schon auf unzähligen anderen Fotografien oder auch in Filmen gesehen hat.

Was übrigens die "II" in den Ausstellungstiteln betrifft: Diese rührt daher, dass Jürgen Heckelmann und Katrin Loy bereits 2017 eine gemeinsame Ausstellung in der Autoren-Galerie 1 hatten, als diese ihren 40. Geburtstag gefeiert hat. Der Münchner Künstler und Autor Helmut Vakily hat die kleine Galerie 1977 am Pündterplatz in Schwabing gegründet, und sie wird auch heute noch von ihm und seiner Frau, der Künstlerin Sophie Hertlein, geführt. Eine Provision verlangen sie von den Künstlern nicht, sondern finanzieren ihr Programm, zu dem auch regelmäßig Lesungen gehören, fast vollständig durch Mitgliederbeiträge. Ein Modell, bei dem es also ausschließlich um die Kunst und um den Austausch geht, man könnte auch sagen: um Weisheit und Erkenntnis.

Jürgen Heckelmann: Photographische Dimensionen und Tiefen der Architektur II; Katrin Loy: Traumfragmente II, bis 12. Dez., Autoren-Galerie 1, Pündterplatz 6/IV.

© SZ vom 05.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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