Ausstellung:Sportive Kunst

Lesezeit: 2 min

Mehr als nur Turnen im öffentlichen Raum: Andreas Ruby (links) und Alexis Dworsky. (Foto: Barbara Hartmann Tumba)

Das Projekt "Urban Playground" im Maximiliansforum

Von Jürgen Moises, München

Am Ende sind Kunst und Sport wohl doch nicht so verschieden. Zumindest wenn es um den von Andreas Ruby betriebenen Parkour-Sport geht, und um die Kunst, wie Alexis Dworsky sie versteht. Geht es bei beiden doch darum, Dinge und Orte anders zu sehen und zu benutzen, und darum, das, was man den urbanen oder öffentlichen Raum nennt, aus einer bestimmten Perspektive heraus neu zu verstehen. Beim Parkour-Sport ist diese von der Frage geleitet: Wie komme ich effizient von A nach B? Das heißt nicht möglichst schnell, sondern so, dass ich Muskeln und Konzentration wirksam trainiere. Dabei kann eine Parkbank, eine Mauer, eine Treppe oder irgendein Wandvorsprung zum willkommenen Fitnessinstrument werden, oder was auch immer meinen Weg auf dem urbanen Spielplatz kreuzt.

"Urban Playground", so heißt die Ausstellung von Alexis Dworsky, die aktuell im Maximiliansforum zu sehen ist. Der städtische Kunstraum, der sich in einer Unterführung unter der Maximilianstraße befindet, ist per se ein öffentlicher Ort. Was Dworsky deswegen gut findet, weil es dadurch schon mal ein klein wenig "nach Stadt riecht". Aber aus Parkour-Sport-Sicht fehlen dann doch die wirklich interessanten und spannenden Hindernisse. Deshalb hat der in Freising und München lebende und arbeitende Künstler eine ausrangierte Parkbank installiert, einen Radständer und eine alte Streusalzkiste sowie sechs ausgediente Leitpfosten. Zusammen simulieren oder symbolisieren sie Urbanität, während daneben liegende Turnmatten und an einen Sportplatz erinnernde, aufgeklebte Bodenmuster auf ihre Sporttauglichkeit verweisen.

Wie diese genau aussieht, das hat der Münchner Parkour-Sportler Andreas Ruby bei der Ausstellungseröffnung demonstriert. Mit ihm zusammen hat Dworsky seine Idee vom "Urban Playground" ausgearbeitet, die ursprünglich noch "Urban Trimm Dich" hieß, als sie 2016 mit dem "zwei:eins"-Preis prämiert wurde. Damals war noch ein urbaner Trimm-Dich-Pfad als Projekt angedacht, bei dem Menschen zum Beispiel Bocksprünge über Hydranten oder vor roten Ampeln Hampelmännchen machen oder sich vor Litfaßsäulen im Kreis drehen. Dworsky und Ruby haben das versucht, aber: Hampelmännchen darf man, hörten sie von Stadt-Seite, nur in zehn Meter Entfernung von der Ampel machen. Außerdem würde es die Autofahrer ablenken, wenn sie sich an der Straße neben einer Litfaßsäule drehen.

Deswegen haben sie im Sommer des vergangenen Jahres auf dem Candidplatz gewissermaßen nur eine "entschärfte" Version ihres Trimm-Dich-Pfads realisiert. Bilder davon gibt es in der Ausstellung zu sehen. Daneben sind Action-Aufnahmen am Laufen, die Dworsky mit einer Go-Pro-Action-Kamera gedreht hat. Solche Aufnahmen gibt es zu Tausenden im Netz. Die Menschen posten sie dort als Dokumente ihrer spektakulären Sportleistungen, und tatsächlich wurde Parkour in den Neunzigerjahren vor allem über Filmaufnahmen populär. Bei Dworsky sehen die in Matera, Saragossa und Berlin entstandenen Kamerasprünge und -bewegungen ebenfalls beeindruckend aus. Nur sind sie bei ihm gefaked und etwa mit der Zuhilfenahme eines Besenstils entstanden.

Hier bekommt die künstlerische Parkour-Sport-Propaganda ein leicht kritisches oder ironisches Moment. Und laut Andreas Ruby sollte es beim Parkour auch nicht nur um die Außenwirkung gehen und um beeindruckende, spektakuläre Bilder. Denn wer nur nach Außen schielt, der verliert, so Ruby, nur den Spaß am Sport und das Gefühl für das Entscheidende. Das sei, so wiederum Alexis Dworsky, bei der Kunst aber nicht viel anders. Wie sehr der Parkour-Sport die eigene Wahrnehmung prägt, das kann er auf jeden Fall bezeugen, wenn man die Stadt, egal ob in München, Paris oder Mexiko, fast nur noch als Ansammlung von Bänken, Mauern oder Wandvorsprüngen sieht. Da kann es auch passieren, dass man in Neuschwanstein ist und dort den Parkplatz spannender findet als das Schloss.

Alexis Dworsky und Andreas Ruby: Urban Playground ; Maximiliansforum, Unterführung Maximilianstraße/Altstadtring, bis 18. Februar

© SZ vom 24.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: